7214313-1992_43_13.jpg
Digital In Arbeit

„DYNAMISCHE REGIONEN"

Werbung
Werbung
Werbung

Die Antwort der Wirtschaft folgte postwendend: Nach dem „Nein" der dänischen Bevölkerung zum Vertrag von Maastricht am 2. Juni landeten Investitionsvorhaben vorerst in den Schubladen. Der bei unseren Kindern für seMne Erzeugnisse berühmte LEGO-Konzern hat die Pläne für eine Fabrik im westdänischen Billund ebenso auf Eis gelegt, wie dies auch andere Unternehmen aus den verschiedensten Branchen taten. Die Wirtschaft geht rational vor.

Wenn es um die Standortsuche geht, entscheidet nicht der Bauch, sondern das Hirn. Daß nicht nur vom Binnenmarktkonzept, sondern auch von der im Maastrichter- Vertrag festgeschriebenen Wirtschafts- und Währungsunion gigantische (wirtschaftliche) Impulse ausgehen und die Wirtschaft daran teilhaben will, bekamen die Dänen durch die Rückzieher einiger Paradebetriebe schmerzvoll in Erinnerung gerufen. Wenn man investiert, so will man die langfristige Garantie haben, das auch in Europa zu tun.

Kein einziges Land wird imstande sein, Europa zu ignorieren. Wenn man in der Schweiz noch vor rund drei Jahren der Meinung war, auch ohne die Europäische Gemeinschaft ganz gut leben zu können und sich diese Ansicht mittlerweile ins genaue Gegenteil gekehrt hat, so ist das Beweis genug für die vom europäischen Markt ausgehende Dynamik. Eine Dynamik, in deren Sog jetzt auch die Schweizer mitschwimmen wollen.

Vor diesem Hintergrund ist auch die Frage nach der wirtschaftspolitischen Strategie des Landes Oberösterreich zu stellen. Jahrelang hat sich die oberösterreichische Wirtschaft im Hinblick auf Preis- und Qualitätswettbewerb am Westen orientiert. Die plötzliche Öffnung des Ostens bringt in vielen Bereichen

Chancen, einigen Branchen aber auch existenzgefährdende Probleme. Einzelne Branchen lagern sich gänzlich oder teilweise in die Reformländer aus, bilden Joint-ventures oder kaufen zu. Das zieht naturgemäß einschneidende Veränderungen i m oberösterreichischen Wirtschaftsgefüge nach sich. Sinnvoll wäre es, in sensiblen Bereichen Übergangsbestimmungen zu vereinbaren - so wie dies beispielsweise auch 1972 beim Freihandelsabkommen zwischen Österreich und der EG der Fall gewesen ist.

Auch unsere Wirtschaft - wie alle anderen westlichen Staaten - kann auf dem Preissektor nicht mit dem Osten konkurrieren. Gegen ein Lohnniveau, das zum Teil nur ein Zehntel des unseren beträgt, gestützte Energie- oder Materialpreise oder fehlenden Umweltschutzauflagen in Wettbewerb treten zu wollen, wäre sinnlos. Vielmehr muß sich die Wirtschaft unseres Landes noch stärker in Bereichen positionieren, in denen Know-how, höchste Qualität und Präzision die entscheidende Rolle spielen.

Unser Maß sind die dynamischen Europaregionen. Mit ihnen rpüssen wir konkurrieren. Die Wirtschaftspolitik hat dabei die Aufgabe, den Unternehmen bei der Bewältigung der ihnen gestellten Aufgaben behilflich zu sein. Die Ansiedlung international renommierter Großbetriebe in Oberösterreich war nicht zuletzt durch das Bestehen interessanter Forschungsund Entwicklungseinrichtungen möglich. Die laufende Erweiterung der technisch-naturwissenschaftlichen Fakultät der Uni Linz, die Ansiedlung des Softwareparks Hagenberg, die Errichtung industrienaher Forschungsinstitute sowie die positive Entscheidung für eine Computer-Universität in Gmunden waren entscheidende Weichenstellungen auf dem Weg, Oberösterreich als Hightech-Land zu positionieren.

Wenn es heute aber noch drei Jahre dauern kann, bis eine Betriebsanlagengenehmigung den dreistufigen-Instanzenzug durchlaufen hat, nach diesen drei Jahren das eingereichte Projekt aber technisch überholt ist, und daher neu einzureichen wäre, so ist das keine Perspektive für einen modernen Wirtschaftsstandort. Die Abwanderung von Unternehmen mit Weltruf in die USA läßt daher die Alarmglocken läuten. Ziel muß es hier sein, die betrieblichen Verfahren zu konzentrieren und auf zwei Instanzen zu beschränken. Damit wäre es möglich, anstelle von drei Jahren in einem'Jahr die Entscheidungen ohne Qualitätsverlust und mit beachtlichen Einsparungen für die staatliche Bürokratie herbeizuführen.

Eine Fülle von Betriebsprüfungen (steuerliche Betriebsprüfung, Lohnsteuerprüfung, Sozialversicherungsprüfung, Lohnsummensteuerprüfung, et cetera) verderben die Freude an der wirtschaftlichen Tätigkeit. Eine Zusammenfassung dieser Prüfungen würde für die Betriebe eine riesige Erleichterung bedeuten und dem Staat Millionen sparen. Erste Berechnungen haben ergeben, daß das Einsparungspotential dazu alleine in Oberösterreich in der Größenordnung von rund einer Milliarde Schilling liegt!

Sich in den neunziger Jahren in einer dramatisch veränderten Welt der Wirtschaft zu bewähren und ein ehrgeiziges Ziel, am Ende dieses Jahrzehnts zu den führenden Regionen zu gehören, zu erreichen, ist alles andere als einfach. Es bedarf dazu eines Bündelsentschlossenerund wirkungsvoller Entscheidungen. Denn was für die Wirtschaft gilt, gilt auch für die Politik: Die Schnelleren und Flexibleren werden zuerst über der Ziellinie sein!

Der Autor ist Wirtschaftslandesrat in OÖ.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung