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Ehe und Paragraphen

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In der Zeit vom 14. bis 17. Juni 1961 fand in Wien unter der Leitung von Landesgerichtspräsident Dr. Wilhelm M a-1 a n i u k der Erste Österreichische Juristentag statt, an dem zahlreiche prominente Juristen des In- und Auslandes teilnahmen. Das Ergebnis der Arbeitssitzungen der fünf Abteilungen des Juristentages, fünf Gutachten, sind in den unten angeführten Heften 1 bis 5 (Band I) zusammengefaßt. Nach Erstattung der jeweiligen Gutachten folgten Referate und Diskussionen, die in den Teilen 1 bis 6 des Bandes II zusammengefaßt sind.

Die heute bei uns geltenden Rechtsvorschriften reichen vielfach bis in die Zeit der Monarchie zurück, so daß etwa kaiserliche Hofkanzleidekrete mit republikanischen Bundesgesetzen in Einzelfällen ein harmonisches Ganzes bilden müssen, tli

Besondere Aktualität, weist die Frage der Gleichberechtigung von Mann und Frau auf, die von Bydlinski in

Heft 1, S. 74 ff., behandelt wird. Hier sind vor allem das Leitungsrecht in Ehe und Familie und das eheliche Güterrecht Zu nennen. Bei der Erziehung und Pflege der Kinder durch Vater und Mutter wird jedoch leider nicht näher auf die wichtige Frage der religiösen Kindererziehung eingegangen. Besonders dann, wenn Vater und Mutter nicht der gleichen Religionsgemeinschaft angehören, ergibt sich die Frage, ob für die Religion des Kindes der Vater, die Mutter oder beide, im letzteren Fall in welcher Weise, maßgebend sind. Das geltende Gesetz vom 15. Juli 1921 ist mangelhaft und bestimmt unter anderem auch nicht, wie dann vorzugehen ist, wenn die Eltern geschieden und sich hinsichtlich der religiösen Erziehung des Kindes uneins sind. Ih der Praxis h.u es sich vielfach'herausgebildet/daß auf'Antrag das Vormundschaftsgericht eine Entscheidung getroffen und den Übertritt des Kindes von der einen in die andere Reli-

gionsgemeinschaft genehmigt hat, obwohl :s hierzu nach dem Gesetz nicht zur Ent-icheidung berufen erscheint. Ein Ana-ogieschluß auf Paragraph 142, Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch — wie er F e t-:er-Edelbacher, Verfahren außer Streitsachen, 1956, S. 549, offenbar vorschwebt — wird von Bydlinski mit treffender Begründung abgelehnt. Die Frage, wem das Leitungsrecht in der Ehe und das Erziehungsrecht der Kinder zukommen soll, dem Mann oder der Frau, allenfalls dem Älteren von beiden (S. 99) oder bei Aufgliederung der Familiengeschäfte in „innere und äußere Angelegenheiten“ beiden, wird sich nach theoretischen Prinzipien wohl kaum gesetzlich regeln lassen. Das Leben ist stärker als geschriebene Paragraphen, und der Gesetzgeber wird es nicht verhindern können, daß in einzelnen Ehen Haustyrannen über Haüsmüt-terchen und „Frauen, die die Hosen anhaben“ über Pantoffelhelden herrschen.

Besonders hervorzuheben sind die kritischen Betrachtungen, die Bydlin?ki auf dem Gebiet des ehelichen Güterrechts anstellt; bei dem derzeit in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Rechtsinstitut der „Zugewinngemeinschaft“ kommt er zutreffend zu dem Ergebnis: „Der atfsolute Nullpunkt der neueren Privatrechtsentwicklune ist erreicht I“

VERHANDLUNGEN DES ERSTEN ÖSTERREICHISCHEN JURISTENTAGES 1961. Band I (Gutachten), Heft 1, Byd-1 i n s k i, Gleichheitsgrundsatz im österreichischen Privatrecht. 164 Seiten. Preis 75 S. — Heft 2, Spanner, Rechtliche und politische Grenzen der Verfassungsgerichtsbarkeit. 84 Seiten. Preis 40 S. — Heft 3, Harting, Die Verunreinigung der Gewässer als innerstaatliches und als internationales Rechtsproblem. 52 Seiten. Preis 25 S. — Heft 4, Heller, Sozialversicherungsrecht und Bundesverfassung. 136 Seiten. Preis 60 S. — Heft 5, W a t z k e, Problem der internationalen Doppelbesteuerung. 20 Seiten. Preis 14 S. — Band II (Referate und Diskussionsbeiträge). 1. Teil, Referate von G s c h n i t-zer und Liedermann zu Heft 1. 124 Seiten. Preis 62 S. — 2. Teil, Referate von Loebenstein und V e r o s t a zu Heft 2. 121 Seiten. Preis 60 S. — 3. Teil, Referate von Grabherr und Ermacora zu Heft 3. 59 Seiten. Preis 30 S. — 4. Teil, Referate von M e 1 a s und Mayer-Maly zu Heft 4. 59 Seiten. Preis 30 S. — 5. Teil, Referate von Kaan und Fritsch zu Heft 5. 45 Seiten. Preis 25 S. — 6. Teil, Referate von R o e d e r und Lotheissen zum Thema „Reform des Vorverfahrens im österreichischen Strafprozeß. 89 Seiten. Preis 45 S. — 7. Teil, Eröffnungssitzung, Schlußsitzung und Berichte .des. Vorsitzenden. 7.J(SfeW.ltys 35 S.'TKohierreV in Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien, 1962.

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