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Olympische Spiele: Dabei sein ist alles

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Der Countdown für das ehrgeizige Olympia-Projekt der Stadt Graz und des Landes Steiermark läuft.

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Der Countdown für das ehrgeizige Olympia-Projekt der Stadt Graz und des Landes Steiermark läuft.

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Nach ersten Schlagzeilen Anfang Jänner dieses Jahres über eine Bewerbung für die olympischen Winterspiele ist es scheinbar ruhig geworden um das ehrgeizige Projekt der sportbegeisterten Steirer. Der Schein trügt jedoch: am 18. August endet die Frist für die Bewerbung zur Ausrichtung der Olympischen Winterspielen 2002; laut Sport-Landesrat Gerhard Hirschmann (ÖVP), neben dem Grazer SPÖ-Bürgermeister Alfred Stingl treibende Kraft des Projekts, laufen die Vorarbeiten für die Erstellung eines detaillierten1 Konzepts „rund um die Uhr auf Hochtouren."

Tatsächlich ist Eile angesagt: in den nächsten lagen, nach Fertigstellung des Konzepts, muß Übereinstimmung mit der Bundesregierung hergestellt werden, die für das Projekt garantieren muß. -„Da bin ich sehr zuversichtlich", meint Hirschmann im furche-Gespräeh: „Die Tiroler hätten ja auch eine Unterstützung bekommen (die Innsbrucker sprachen sich in einem Volksentscheid gegen die Austragung der Olympischen Winterspiele in Tirol aus; Anm. d Red.)." Und sowohl Kanzler Franz Vranitzky als auch Sportministerin Christa Krammer hätten bereits ihre Wohlmeinung bekundet.

Gelingt es dem Duo Hirsch-mann/Stingl, die Bundesregierung auf einen Pro-Olympia-Kurs einzuschwören, müßten noch das Land Steiermark und die Stadt Graz die notwendigen Formalbeschlüsse fassen. Ein breiter Konsens auf Landesebene ist wahrscheinlich: ÖVP und FPÖ gelten als klare Befürworter, die Haltung der SPÖ ist eher abwartend, , aber nicht grundsätzlich negativ. Sowohl im Büro von SPO-Landesvor-sitzenden Vize-Landeshauptmann Peter Schachner-Blazi-zek als auch bei Finanzlandesrat Hans-Joachim Ressel (SPÖ) wird darauf verwiesen, daß der ressortzuständige Sportlandesrat und die Stadt Graz zunächst ihre detallier-ten Konzepte inklusive Kostenschätzung vorlegen müßten. Auf jeden Fall müßte aber - was mittlerweile außer Streit steht - eine Volksbefragung oder eine Volksabstimmung abgehalten werden.

Eine Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees über die Winterspiele 2002 wird jedenfalls für Juni 1995 erwartet. Bisher haben potentielle Austragungsorte aus neun Ländern ihr Interesse angemeldet: aus den USA (Salt Lake City), aus Kanada (Quebec), Spanien (Jaca), Rußland, Bulgarien, Italien (Tarvis), aus der Slowakei, der Schweiz und eben die steirische Landeshauptstadt Graz (Großraum Graz, Murau, Schladming, Dach-stein-Tauern-Region).

Hirschmann weiß, daß der Zug für die Winterspiele 2002 höchstwahrscheinlich bereits abgefahren ist. Dennoch wäre es im Hinblick auf eine Bewerbung für das Jahr 2006 enorm wichtig, bereits jetzt einen möglichst guten Eindruck zu hinterlassen. -„Im Jänner 1995 gibt es eine Vorselektion, vier Kandidaten kommen in die engere Wahl. Sollten wir darunter sein, haben wir hervorragende Chancen für eine Bewerbung für das Jahr 2006", argumentiert Hirschmann, der sich damit tröstet, „daß es eigentlich noch kein Bewerber geschafft hat, auf Anhieb den Zuschlag zu bekommen".

Ahnlich schätzt auch FPÖ-Landesobmann Landesrat Michael Schmid, ein deklarierter Förderer des Olympiaprojekts, die Lage ein: „2002 wäre eigentlich wieder einmal Amerika an der Reihe. 2006 müßten demnach die Winterspiele wieder in Europa stattfinden - und da hat die Steiermark sicherlich sehr gute Chancen."

Ob nicht gerade bei der FPÖ das Risiko besteht, daß sie, ähnlich wie bei der EU-Frage, unvermittelt ihre Haltung ändert? Schmid: „In einer Demokratie kann es Gott sei Dank keine Garantie dafür geben, daß eine Gruppe ihre Meinung nicht ändert. Aber es wäre eine gewisse Garantie, wenn ich in den nächsten Jahren in der Landesregierung bleibe." Voraussetzung für ein Ja der Freiheitlichen wäre auf jeden Fall eine gesicherte Finanzierung - „aber das sehen die anderen Parteien genauso."

Stichwort Finanzierung: laut Hirschmann müßten für Neuinvestitionen in Sportstätten (Eishalle et cetera) rund 110,7 Millionen US-Dollar veranschlagt werden (umgerechnet etwa 1,25 Milliarden Schilling); die Adaptierung vorhandener Sporteinrichtungen käme auf etwa 75,2 Millionen US-Dollar (umgerechnet rund 850 Millionen Schilling); dazu kämen noch bis zu 330 Millionen Dollar (3,7 Milliarden Schilling) für Infrastrukturmaßnahmen wie den Ausbau des öffentlichen Verkehrs oder die Errichtung eines „Olympischen Dorfes". -Hirschmann: „Die wichtigste Vorgabe für alle Investitionen ist eine optimale Nachnutzung, die wiederum positive Wirtschafts- und Tourismusimpulse für das Land bringt -und natürlich eine absolute Umweltverträglichkeit."

Auf Impulse für Tourismus und Wirtschaft setzt auch Wirtschafts-Landesrätin Waltraud Klasnic (ÖVP): „Allein die Tatsache, daß wir uns bewerben wollen, hat bereits für ein enormes internationales Medienecho gesorgt. Das für die Realisierung benötigte Geld würde nicht einfach ausgegeben werden, sondern zukunftsweisend in neue Werte investiert - etwa in den Neubau Tausender Wohnungen für das olympische Dorf und andere Infrastrukturmaßnahmen." Und die positiven Auswirkungen für den Tourismus stünden ohnehin außer Streit.

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