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Der freie Goldpreis ist — erstmals seit mehr als eineinhalb Jahren — in die Nähe jener 35 Dollar je Feinunze abgesunken, die vor dem März 1968 die amtliche Parität und damit jenen scheinbar unveränderlichen Fixpreis dargestellt hatten, der jedem (offiziellen) Goldhandel zugrundegelegen war. Das Agio von derzeit knapp über einem Prozent deckt nur die Manipulationskosten, ein noch so kleiner Gewinn steckt in diesem Preis nicht mehr.

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Der freie Goldpreis ist — erstmals seit mehr als eineinhalb Jahren — in die Nähe jener 35 Dollar je Feinunze abgesunken, die vor dem März 1968 die amtliche Parität und damit jenen scheinbar unveränderlichen Fixpreis dargestellt hatten, der jedem (offiziellen) Goldhandel zugrundegelegen war. Das Agio von derzeit knapp über einem Prozent deckt nur die Manipulationskosten, ein noch so kleiner Gewinn steckt in diesem Preis nicht mehr.

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Es war eine sowohl wirtschaftlich als auch politisch turbulente Entwicklung, die zunächst zur Spaltung des Goldmarktes und jetzt schließlich zum vorläufigen Ende des Goldes als Spekulationsobjekt, nicht aber auch als Währungsmetall geführt hat: Vor allem de Gaulle war es gewesen, der dem Gold absoluten Vorzug vor dem Dollar als Leitwährung gegeben und vehement eine Erhöhung des offiziellen Goldpreises gefordert hatte, was praktisch einer Dollarabwertung gleichgekommen wäre. Der sogenannte Londoner Goldpool, ein loser Zusammenschluß von Notenbanken mit dem Zweck, den Goldpreis durch Abgaben und Rückkäufe stabil auf 35 Dollar zu halten, war damals knapp vor dem Zusammenbruch: In nicht einmal eineinhalb Jahren mußten die Notenbanken Gold im Gegenwert von etwa 2,3 Milliarden Dollar aus ihren Beständen abgeben, um den freien Goldpreis auf der amtlichen Parität zu halten.

Im März 1968 zog man, dem Zwang der Gegebenheiten — sprich: der Spekulation — folgend, die Konsequenzen, allerdings nicht so, wie es sich der amerika- (und england-) feindliche de Gaulle vorgestellt hatte. Man entschloß sich vielmehr, den Goldmarkt in einen freien Gold markt, auf dem sich der Preis nach Angebot und Nachfrage richten sollte, und in einen offiziellen Goldmarkt zu spalten, auf dem die Notenbanken ihre Bestände weiterhin zum fixen Preis von 35 Dollar je Feinunze handeln sollten. Eine Verbindung der beiden Märkte wurde durch ein Agreement der Notenbanken ausgeschlossen.

Der Goldpreis reagierte auf diese Maßnahme zunächst mit einem Hinaufschnellen bis auf rund 40 Dollar, also um nicht einmal 20 Prozent Die Berufsspekulation schöpfte den Rahm ab, die Minispekulanten — oft mit Goldmünzen, was von vornherein kaum rentabel ist — blieben häufig auf der Strecke.

Wenn sich die ehemalige Goldspekulation nach deren Abschluß — und nach der Spaltung des Goldpreises ging es praktisch nur noch um die bestmögliche Realisierung der erzielten Gewinne — der Währungsspekulation zuwandte, könnte man die spekulative Liquidität ruhig mit um die 100 Milliarden Schilling, was ungefähr einem österreichischen .Tahresbudget entspricht, annehmen.

De Gaulle und das Gold

De Gaulles Attacken gegen den Dollar fanden ein jähes Ende: Der einst so feste französische Franc wackelte nach den Maiunruhen und dem da mit verbundenen Goldabfluß infolge der Wirtschaftskrise selbst allzu stark, und mit dem Abgang des großen alten Franzosen „ging“ auch der Franc — er mußte abgewertet werden. Die internationale Spekulation aber — und das war wohl der größte Erfolg der Spaltung des Goldpreises

— richtete sich nicht mehr gegen den Dollar, sondern beschäftigte sich mit dem von der Leitwährung losgelösten Gold Sui generis. Mit der Einrichtung des freien Goldpreises endete auch die Risikofreiheit der Goldspekulation: Der Goldpreis konnte nun auch sinken, statt bisher nur steigen. Das Resultat: Man ging zur „direkten“ Währungsspekulation über, die weiterhin praktisch risikolos war; erstes „Opfer“ war bekanntlich die D-Mark..,

Der Dollar hat seinen Stand als Leitwährung behaupten können, die Stellung des Goldes wurde dagegen

— ganz entgegen den ja auch eminent politischen Intentionen, die die Drahtzieher der Spekulation vor dem März 1968 hatten — eher geschwächt, zumal auch die neu geschaffenen Sonderziehungsrechte ganz in diese Richtung zielen.

Gold als bloßes Industrie- und Schmuckmetall dürfte keine 35 Dollar je Feinunze wert sein; derzeit allerdings ist die weitere Entwicklung noch nicht mit Sicherheit vorherzusagen: Die Umsätze auf den Goldbörsen sind minimal, die Situation gleicht jener auf einem Fußballplatz nach erfolgreichem Torschuß: Die Mannschaften nehmen wieder ihre Plätze ein, die Bewegungen sind quasi neutralisiert. Ob der Torpfiff gleichzeitig der Schlußpfiff war, ob vielleicht erst Halbzeit ist — die Lage ist noch ungeklärt.

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