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Die Manschette des Walzerkönigs

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Heinrich Strecker, der sich in den dreißiger Jahren als Komponist einen Namen machte, nimmt in der ausklingenden „Silbernen“ Epoche der Wiener Operette einen ähnlichen Platz ein wie Carl Zeller in der „Goldenen“. Zwar gelingt ihm manche zündende Nummer, seine Stärke aber liegt wohl eher im Gemütvollen, im Singspielton mit feinmusizierten Überleitungen, und zuweilen überspringt er ganze Generationen von Operettenmeistern und schließt an die biedermeierliche Possenmusik von Wenzel Müller an. Das Raimundtheater begann nun die neue Spielzeit mit einer Neuinszenierung von Streckers Operette, „Der ewige Walzer“ (die 1937 ausgerechnet in Bremen uraufgeführt wurde!). Jener „ewige“ Walzer ist natürlich der Donauwalzer, den Strecker als musikalischen Höhepunkt in sein Opus einfügte. Eine Huldigung an Johann Strauß, der ja eigentlich die Hauptperson der Handlung ist, wenngleich er nur einige Augenblicke lang in der Ferne am Klavier sichtbar wird. Das Librettistenpaar Bruno Hardt-Walden und Rudolf Koller dachte sich eine nette anekdotenhafte Geschichte um die Entstehung des Donauwalzers aus, dessen erste Takte der Meister spontan nach seiner Gewohnheit auf eine Manschette notiert haben soll. Diese Manschette stiftet dann noch mancherlei Verwirrung. Eine nette, anspruchslose Geschichte, wie schon gesagt, in Schönbrunngelb,

Maiengrün und Deutschmeisterblau.

Und ein animierter Abend unter der flotten Regie von Josef Kepplinger und der musikalischen Leitung von Rudolf Bihl. Im ersten Akt brillierte unschlagbar Else Rambausek als resche zungenfertige Inhaberin einer Wäscherei. Das Liebespaar, dargestellt und gesungen von Inge Karsten und Spiro Makri, gewann rasch alle Sympathien, ebenso der neue Buffo, Leo Selenko, als Musikstudent, der große Rosinen im Kopf hat, die er dann später als biederer Zuckerbäcker in den Gugelhupf tut. Seiner Partnerin, Trude Stemmer, verzeiht man bei ihrem vielseitigen Spieltemperament gern manche kleine Grellheit. Adolf Böhmer zeigte, daß man einen verliebten alten Grafen nicht unbedingt als Thaddädl anlegen muß, Wanda Ko- bierska und Eva Iro, zwei sehr dekorative Erscheinungen, rauschten mit der gebotenen aristokratischen Noblesse über die Bühne. Sympathisch auch in seinem kurzen Auftritt Rudolf Bary, ein ernster junger Landedelmann im Erzherzog- Johann-Rock. Hans Peter Krasa stattete den kauzigen, herzensguten Diener des Walzerkönigs mit Zügen einer Nestroy- Figur aus. Sehr gut in Form: das Ballett des Hauses. Alles in allem: ein gelungener Auftakt der neuen Saison, viele Vorhänge und anhaltender Schlußapplaus, für den sich auch der anwesende Komponist bedanken konnte.

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