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Abschied von Robert Stolz
Robert Stolz ist gestorben. Nur wenige Wochen vor seinem 95. Geburtstag im August, und zwar an den Folgen eines Herzversagens. In Berlin wollte er noch Besprechungen für Schallplattenaufnahmen führen, dann mit Gattin „Einzi“ nach Wien zurückkehren. Sein Wunsch, mitten in voller Tätigkeit abberufen zu werden, ist ihm in Erfüllung gegangen. Er wird auf dem Wiener Zentralfriedhof in einem Ehrengrab beigesetzt.
Wien hat damit seinen größten Meister der Wiener Musik verloren, den letzten Dirigenten, der Wiener Musik authentisch dirigierte, wie er es selbst noch bei Johann Strauß erlebt hatte. Wie treffend hatte ihn doch der Wiener Kritiker, Schriftsteller und Moliere-Ubersetzer Hans Weigel gefeiert, als er ihn einen „akkreditierten Botschafter des Dreivierteltakts“ nannte: „Er hat den letzten Walzer und den ersten kontinentalen Foxtrott und den ersten zentraleuropäischen Tonfilmschlager („Zwei Herzen im Dreivierteltakt“) komponiert. Er besitzt die Doppelbürgerschaft in der Alten und der Neuen Welt der Unterhaltungsmusik. Er war immer der erste und ist längst eine Art von Mythos ... Was sonst nur Musikstücken zuteil wird, ist ihm vergönnt gewesen: er lebte unter uns als Evergreen in Person“.
Und wer kann dieses überreiche Leben auch nur andeutungsweise nachzeichnen? Allein der Werkkatalog setzt in Staunen: 2000 Lieder, darunter zahllose Welterfolge wie „Salome“, „Servus, Du“, „Im Prater blühn wieder die Bäume“, „In Wien gibt's manch winziges Gasserl“, „Frühling in Wien“... Dann 105 Filmmusiken, 53 Bühnenoperetten, 15 Eisoperetten und eine Oper („Rosen der Madonna“). „Ein reger Geist und die Arbeit halten jung“, hatte Stolz immer gesagt: „Das Komponieren ist für mich halt eine Leidenschaft... Ich bin ein altes Zirkuspferd, und wie die Zirkuspferde die Manege brauchen, so brauche ich die Bühne und das Publikum“.
Robert Stolz, Inbegriff des Wienerischen, obwohl 1880 in Graz geboren, hatte freilich von Kindheit an den musikalischen Bazillus in sich: Der Vater komponierte, war Direktor einer Musikschule, die Mutter Konzertpianistin. Meister wie Brahms, Bruckner und Verdi, der mit Roberts Tante Therese zusammenlebte, kannte der junge Stolz noch persönlich. Die Begegnung mit Johann Strauß führte ihn zur Operette. Und seit dem Erfolg seines „Glücksmädels“ 1910 im Wiener Raimundtheater war er als Operettenkomponist führend, um dessen Rollen sich die größten Sänger-Schauspieler seiner Zeit, Hans Albers, Max Hansen, Fritzi Massary, Pallenberg, der junge Hans Moser rissen. 1933 mußte Stolz, nach Wien auch in Berlin längst ein Arrivierter, emigrieren: zuerst nach Wien, 1938 dann nach Paris, wo er Gattin Einzi kennenlernte. Schließlich ging er nach New York, wo er für seine Musik zu Rene Clairs Film „It happened tomorrow“ sogar den „Oscar“ bekam.
1946 kehrte er nach Wien zurück. „Er trat hier die Herrschaft in seinem Königreich wieder an“, meint Hans Weigel. „Die Fülle der
Lieder, Tänze, Nummern und sonstigen Musiken, die er einzeln oder für Operetten, Filme und Revuen produziert hat, ist astronomisch wie die Cavalcade der Stile, denen er gerecht wurde“. Und dieser letzte König der Operette, der stets eine brillantbesetzte Nadel an seiner Krawatte trug — ein Geschenk Kaiser Karls, dem er mit seinem Orchester oft vorspielte — wurde von vielen Staatsoberhäuptern in aller Welt geehrt. Als der legitime Nachfolger der Dynastie der Wiener Walzerkönige ...
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