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Bewegungsdramen
Im Rahmen des Musikfestes zeigten Ellinor Tordis und Johannes Scheider mit ihrem Bewegungschor einen „Schöpfungsmythos“ als Bewegungsdrama, das von den Autoren als Versuch einer neuen Kunstform bezeichnet wird, „die der Bewegungskunst — im Gegensatz zum dekorativen Tanz und der allegorisch-konventionellen Pantomime — nur ihr gemäße Aufgaben stellen will. Die Ausführenden eines solchen Kunstwerkes sind nicht Tänzer, sondern … Instrumente, Träger einer absoluten Bewegung, die gleichsam durch sie hindurchgeht, sich an ihnen manifestiert.“ Diesem Konzept entsprechend, ist die Rolle der Musik eine durchaus untergeordnete, dienende, und Bruno Helberger hat sich, als Komponist und Spieler des von ihm konstruierten „Heliophons“, eines vielregistrigen Elektrotoninstruments, mit großer Einfühlung und gutem Geschmack in den Dienst des schwierigen Unternehmens gestellt. Das ganze Werk besteht nach dem Programm aus drei, eigentlich aus zwei Teilen: einem auf gnostischer Grundlage frei gestalteten SchöpfungsmytEos und der Darstellung der frühesten Schicksale des Menschengeschlechts: Sündenfall, Austreibung aus dem Paradies und erster Brudermord. — Es war nun sehr merkwürdig und lehrreich, zu beobachten, daß gerade dort, wo der programmatische Schwerpunkt des Werkes lag, im Bewegungschor, die erstrebte Gesamtwirkung nicht erreicht werden konnte, daß hingegen die gedanklich weniger anspruchsvollen Soloszenen, etwa die dem Michelangelo nachgebildete Erschaffung des Adam oder der Brudermord, seht eindringlich gelangen. In allem aber war ein ernsthaftes Kunstwollen und die starke Persönlichkeit von Ellinor Tordis spürbar, die sich — freilich nicht immer ganz ungebrochen und unmittelbar — auch der Gruppe junger Schauspieler mitteilte, die eine zweijährige Arbeit an dieses Werk gewendet hat.
Das 1919 geschriebene Dnamma sinfonico „Pantea“ von Malipiero stand im Mittelpunkt des Tanzabends von Rosalia Chladek und ihrer Gruppe. In diesers quälenden seelendramatischen Studie wird dairgestellt, wie eine von der Umwelt abgeschlossene Frau den draußen tobenden Kampf erlebt und daran zerbricht. Dieser Vorwurf führt an die Grenzen des Ausdruckstanzes und damit auch. an die der Künstlerin Rosalia Chladek, und es ist vielleicht weniger ihr als dem abseitigen und letzten Endes undramatischen Sujet zuzuschreiben, wenn die Darstellung der einzelnen Phasen zwar eindringlich gelang, sich aber nicht zu einem großen Bogen fügen konnte. — Tänzerisches Können, Disziplin, ein unfehlbar strenges Stilgefühl und dekorative Wirkung erzielte die Künstlerin und ihre Gruppe in den ..Vier Temperamenten“ von H i n d e m i t h. Ein dreiteiliges musikalisches Thema wird vom Komponisten, den vier Temperamenten entsprechend, viermal abgewandelt und „Maestoso“ abgeschlossen. Eine harmlosanmutige Deutung von Prokofieffs bekanntem musikalischem Märchen „Peter und der Wolf“ bildete den Schluß. (Paul Sacher dirigierte die Symphoniker und den Kamnjer- chor.)
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