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Eine „Elefantenhochzeit“

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Mit einer Finanzspritze von 850 Millionen Schweizer Franken (6,8 Mrd. Schilling) wollen die Schweizer Großbanken und weitere Geldinstitute eine erfdlgrei- che Fusion der Uhrenkonzerne Asuag (Allgemeine Schweizerische Uhrenindustrie) und SSIH (Societė Suisse pour l’Industrie Horloggere) ermöglichen.

Jeder dritte Mitarbeiter der Schweizer Uhrenindustrie -12.200 von rund 38.000 — erhält durch den Zusammenschluß der Giganten einen neuen Arbeitgeber. Die Maßnahme soll der Schweiz-eine Zurückgewinnung der Führungsposition auf dem Uhrenweltmarkt ermöglichen.

1970 beschäftigte die Schweizer Uhrenindustrie über 70.000 Personen, heute noch gut die Hälfte. Prognostiker sprechen von einem Stellenabbau auf 25.000 Beschäftigte. Vor zwanzig Jahren stammte noch jede dritte Uhr, die in der Welt verkauft wurde, aus der Schweiz, jetzt nur noch jede fünfte.

Die Schweiz hat entscheidende Marktanteile an Japan und Hongkong verloren. Keine Wirtschaftsbranche hat die gegenwärtige Rezession in der Eidgenossenschaft so stark gespürt wie die Uhrenindustrie.

Besonders arg gebeutelt wur den die Uhren-Giganten Asuag und SSIH. Bei der Asuag schrumpfte der Umsatz 1982 um 19% auf 9,1 Milliarden Schilling und die Gruppe mußte einen Verlust von 2,7 Milliarden hinnehmen. Die Reserven an Eigenkapital sind auf gezehrt — der Substanzverlust allein im vergangenen Jahr war enorm.

Bei der SSIH sieht es etwas besser aus. Der Umsatz sank 1982 nur minimal, und der Nettoverlust konnte auf 135 Millionen Schilling begrenzt werden. Hier haben die Banken aber bereits 1981 eine Sanierung großen Ausmaßes durchgeführt, und dabei 900 Millionen Schilling definitiv „ans Bein gestrichen“.

Beim jetzigen Sanierungspaket betrachtet man 900 Millionen als definitiv verloren. Das macht zusammen 1,8 Milliarden.

Mit der Fusion (die Generalversammlungen müssen sie Ende Juni, anfangs Juli noch absegnen) wollen die Kapitalgeber nun die Voraussetzungen schaffen, daß wenigstens das restliche Geld gelegentlich wieder zurückkommt oder zumindest dauernd verzinst werden kann.

Aus den vergangenen Fehlern im Management und Marketing sollen nun mit einem neuen Verwaltungsrat und einer geänderten Strategie die Lehren gezogen werden. Statt mit zwei sich konkurrenzierenden Unternehmen soll die immer noch als gut betrachtete Ausgangsposition der Schweiz auf dem Uhrenweltmarkt konzentriert genutzt werden.

Denn die Uhrenindustrie ist welttveit nach wie vor ein Wachstumsmarkt — die Schweiz aber hat am Mehrkonsum nicht teilhaben und,die technologische Umwälzung von der mechanischen zur elektronischen Uhr nicht im erwünschten Maße nachvollziehen können.

Die geplante Fusion der Großunternehmen, die den Titel „Elefantenhochzeit“ erhielt, wurde denn auch in der Öffentlichkeit und bei den Behörden gut aufgenommen. Man weiß aber auch, daß das Ziel noch nicht erreicht ist, wenn man durch die Zwangsheirat eine neue Grundlage schafft. Die Therapie, aus zwei Kranken einen Gesunden zu machen, ist auch in der Vergangenheit nicht immer ein Wunderrezept gewesen.

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