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Fortuna für Krag
Wenn der Führer der dänischen Sozialdemokratie, Jens Otto Krag, in diesen Tagen auf dem Stuhl des Regierungschefs Platz nimmt, dann hat er alle Ursache, auch Frau Fortuna einen Gedanken der Dankbarkeit zu widmen. In jenem Lotteriespiel, zu dem sich das Ringen um eine parlamentarische Mehrheit in Kopenhagen entwickelt hat, befand sich Krag und die Arbeiterpartei dreimal auf der gewinnenden Seite.
Wenn der Führer der dänischen Sozialdemokratie, Jens Otto Krag, in diesen Tagen auf dem Stuhl des Regierungschefs Platz nimmt, dann hat er alle Ursache, auch Frau Fortuna einen Gedanken der Dankbarkeit zu widmen. In jenem Lotteriespiel, zu dem sich das Ringen um eine parlamentarische Mehrheit in Kopenhagen entwickelt hat, befand sich Krag und die Arbeiterpartei dreimal auf der gewinnenden Seite.
400 Stimmen mehr hätten der Christlichen Volkspartei vier Mandate gegeben und den Weiterbestand der Regierung Baunsgaard gesichert; 220 Stimmen mehr für den entschiedenen EWG-Gegner Zakarias Wang auf den Faer-Öer-Inseln — und die Stimmenhilfe des zweiten auf den Inseln gewählten Abgeordneten, Johan Nielsen, für Krag wäre neutralisiert worden. Der dritte Glückstreffer war, daß sich der grönländische Abgeordnete Moses Olsen nicht für Baunsgaard aussprechen wollte, obwohl seine Freunde auf Grönland das verlangten. Der gute und recht hilflos wirkende Moses — der auf keine Frage antwortet — schwankt hin und her. Die zwei Abgeordneten von den atlantischen
Inseln sind unsichere Bundesgenossen, doch vorerst kann mit ihrer Hilfe doch eine Stimmenmehrheit von 89 zu 88 für Krags Minderheitsregierung im Folketing erreicht werden — Baunsgaard ist mit seinen 88 Mandaten zweifellos noch eine Ahnung schlechter gestellt Im übrigen setzt sich die für Krag stimmende Mehrheit bekanntlich aus 70 Sozialdemokraten und 17 Volkssozialisten zusammen.
Das Neuartige an dieser Situation ist, daß zum erstenmal in der parlamentarischen Geschichte Dänemarks eine Regierungsbildung mit Hüfe einer Stimme von den Atlantischen Inseln zustande kam. Das erweckte starke Zweifel, nicht zuletzt auf den Inseln selbst. Moses Olsen wurde unmittelbar nach seiner Landung in Kopenhagen mit der Beschuldigung überfallen, daß er seine Wähler verraten habe, daß er nun „der am meisten gehaßte Mann“ auf Grönland sei und daß er nichts Besseres tun könne, als sein Mandat sofort zurückzulegen. Es war bisher Tradition, daß sich die Vertreter der Inseln bei Abstimmungen, bei denen es um Sein oder Nichtsein der Regierung geht, der Stimme enthalten. Der Bruch mit dieser Tradition muß auch bei den Freunden Krags und der Arbeiterpartei Bedenken erwecken.
Die zweite Warnung kam von einer führenden Persönlichkeit der dänischen Arbeiterbewegung, dem Vorsitzenden des Metallarbeiterverbandes Hans Rasmussen. Dieser alta Sozialist warnte Krag davor, nun — beflügelt von seinem Erfolg — mit fliegenden Fahnen in das Fahrwasser der Wirtschafts-, der Außen- und der Militärpolitik der EWG einzuschwenken. „Der starke Schmied“, wie er hier genannt wird, glaubt nicht, daß sich Dänemark ln der EWG Gehör verschaffen kann und wünscht keine Statistenrolle in jenem „bürokratischen Klub“ in Brüssel. Rasmussen bezeichnete es als ein Warnungszeichen für jeden Sozialisten, daß die „kapitalistischen Parteien und besitzenden Kreise so leidenschaftlich eine Mitgliedschaft in der EWG anstreben“. — Es ist unverkennbar, daß die Europamarktfrage zu schweren Auseinandersetzungen innerhalb der Regierungspartei führen kann. Es darf hier nicht vergessen werden, daß die Hilfstruppe der sozialdemokratischen Minderheitsregierung im Parlament, die Volkssozialisten, ihren ansehnlichen Wahlerfolg (sechs zu den bisherigen elf Mandaten) gerade ihrer Gegnerschaft gegen eine Vollmitgliedschaft Dänemarks in der EWG verdanken. Wahrscheinlich wird es für Krag zwar leicht möglich sein, eine Mehrheit für die Vollmitgliedschaft in der EWG im Folketing zu finden; doch der Widerstand von links wird beschwerlich sein, und kann der Arbeiterpartei einen Teil des am 21. September erzielten Erfolges kosten.
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