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Alles zerstritten

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Die Regierung, die am 18. Oktober da» Kabinett des glücklosen Führers der Arbeiterpartei, Trygve Bratteli, ablöste, hat die schwächste parlamentarische Unterlage, auf die sich eine norwegische Regierung jemals stützen konnte. Wenn man trotzdem ziemlich allgemein annimmt, daß sie sich bis zu den nächsten Parlamentswahlen halten kann, dann deshalb, weil eine andere Regierungsbildung zur Zeit ganz einfach nicht möglich ist: Der mit unerhörter Erbitterung geführte Kampf für und gegen eine norwegische Mitgliedschaft in der EWG hat ein politisch geschwächtes Norwegen zurückgelassen.

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Die Regierung, die am 18. Oktober da» Kabinett des glücklosen Führers der Arbeiterpartei, Trygve Bratteli, ablöste, hat die schwächste parlamentarische Unterlage, auf die sich eine norwegische Regierung jemals stützen konnte. Wenn man trotzdem ziemlich allgemein annimmt, daß sie sich bis zu den nächsten Parlamentswahlen halten kann, dann deshalb, weil eine andere Regierungsbildung zur Zeit ganz einfach nicht möglich ist: Der mit unerhörter Erbitterung geführte Kampf für und gegen eine norwegische Mitgliedschaft in der EWG hat ein politisch geschwächtes Norwegen zurückgelassen.

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Die Regierung Korvald kann sich nur auf zwei und eine halbe Partei stützen; hinter ihr stehen die 20 Abgeordneten der Zenterpartei, die 14 Mitglieder der Christlichen Volkspartei und fünf von den 13 Abgeordneten der liberalen Venstre. Neben der Arbeiterpartei ist auch diese kleine liberale Partei zerstritten und zersplittert aus dem Abstimmungskampf hervorgegangen. Hier wird eine spzeielle Parteientragödie im größeren Drama Norwegen sichtbar: die Anhänger der Venstre haben in ihrer überwiegenden Mehrheit gegen die EWG gestimmt, die Parteileitung und die Parlamentsfraktion aber war dafür, in der Arbeiterpartei zeigte sich übrigens dasselbe Bild.

Die beiden großen Verlierer bei der Volksabstimmung, die Parteileitungen der Sozialdemokraten und der Konservativen, sind verständlicherweise in der Regierung des EWG-Gegners Korvald nicht vertreten, sie wollen jedoch die Arbeit der Regierung bis zum Abschluß eines Handelsvertrages mit der EWG nicht erschweren. Bemerkenswert ist, daß der keineswegs radikale Korvald auch zwei EWG-Anhänger aus seiner eigenen Partei mit in sein Kabinett genommen hat, die Minister Peter Koren und Johan Skipnes, die dem Kommunaldepartement und dem Justizdepartement vorstehen werden. So schwach die parlamentarische Basis dieser Regierung ist, so haben Sozialdemokraten und Konservative doch allen Grund, ihr ein längeres Leben zu wünschen: die Sozialdemokraten müssen nun zu allererst ihre innere Zersplitterung überwinden und die Konservativen rechnen damit, daß sie zusammen mit den drei anderen bürgerlichen Parteien im nächsten Jahr eine Vierparteienregierung bilden können.

Korvalds Regierungsschifflein wird — auch ohne direkte Angriffe der EWG-Freunde von links und rechts — einen gefährlichen Kurs über ein klippenreiches Meer steuern müssen. Die Einbringung eines Handelsvertrages mit der EWG steht unter den Aufgaben an erster Stelle, und keine noch so verbitterte Opposition kann wünschen, daß Korvald schon an dieser Aufgabe scheitere.

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