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Gefoltert, mißhandelt, getötet

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Am 4. November 1988 wird die Erzdiözese Wien offiziell den Seligsprechungsprozeß für die Ordensfrau Maria Restituta (Helene Kafka) von den Hartmannschwestern eröffnen. Sie wurde von den Nazis „wegen landesverräterischer Feindbegünstigung und Vorbereitung zum Hochverrat“ am 30. März 1943 hingerichtet. Man warf ihr vor, ein Anti-NS-Spottgedicht kopiert zu haben. In Wahrheit wurde ihr dieses Gedicht von NS-Provokateuren zugespielt, weil sie den Nazis aus religiösen Gründen ein Dorn im Auge war. Schwester „Resoluta“, eine tüchtige Operationsschwester, hatte vor der Eröffnung einer neuen Krankenstation Kreuze in die Zimmer gehängt und sich strikt geweigert, diese wieder abzunehmen.

Bevor jemand kirchlich seliggesprochen werden kann, ist üblicherweise ein auf seine Fürsprache hin erfolgtes Wunder nachzuweisen. Diese Vorschrift gilt nicht (und das kann den Abschluß eines Falles beschleunigen), wenn der Beweis gelingt, daß es sich um einen Märtyrer handelt, um einen Menschen, der in erster Linie seines christlichen Glaubens wegen verfolgt wurde und bewußt für diesen Glauben sein Leben geopfert hat. Das unterscheidet zum Beispiel klar den Fall der Schwester Restituta von dem des Klo-sterneuburger Augustiner-Chorherren Roman Scholz, den die Nazis wegen seiner politischen Widerstandstätigkeit hinrichteten.

Während einige Märtyrer des Auslandes schon seliggesprochen sind (Maximilian Kolbe, Edith Stein und der in Mauthausen umgekommene Marcel Callo), wird es für Österreicher noch eine Weile dauern.

In Osterreich abgeschlossen sind der in Wien geführte Prozeß für den am 13. August 1943 in Berlin-Plötzensee enthaupteten Ma-rianistenpater Jakob Gapp und der in Innsbruck geführte Prozeß für den am 30. Mai 1940 im Konzentrationslager Buchenwald umgekommenen Pfarrer von Götzens, Otto Neururer. Sie sind, gefolgt von Schwester Restituta und dem am 26. Juni 1944 in Berlin hingerichteten Karmelitenpater Paulus (August) Wörndl, die ersten heimischen Anwärter auf eine Seligsprechung, aber es wird sicher noch mehrere Jahre dauern, bis der erste dieser Fälle auch in Rom erfolgreich zu Ende geführt ist.

Welchen Mut und welche Standhaftigkeit diese Christen aufbringen mußten und welche Grausamkeiten ihnen und vielen anderen von unmenschlichen NS-Schergen angetan wurden, ist kaum vorstellbar.

Seligsprechungsprozesse sind dabei naturgemäß nur für eine

Minderheit derer, die als Märtyrer der NS-Zeit gelten können, im Gange. Ein solcher Prozeß erfordert jahrelange Vorerhebungen, mühsame Zeugeneinvernahmen, eine gute Kenntnis des Kirchenrechtes, viel Geduld und einen mehr der Sache als des Geldes wegen tätigen Betreiber (Postula-tor),

An weiteren möglichen Kandidaten für Seligsprechungsverf ah-reh mangelt es nicht. Die Trinita-rierin Schwester Angela (Maria Cacilia Autsch) gehört hier ebenso dazu wie der aus Vorarlberg stammende Innsbrucker Provikar Carl Lampert, der Pallotiner-pater Franz Reinisch oder aus Oberösterreich Pfarrer Matthias Spanlang und der Wehrdienstverweigerer Franz Jägerstätter.

Im demnächst vom Karl-von-Vogelsang-Institut veröffentlichten Ehrenbuch „Gelitten für Österreich“ stellt Maximilian Liebmarai noch eine ganze Reihe weniger bekannter christlicher Märtyrer der NS-Zeit vor: etwa den Bundesheer-Oberstleutnant Franz Heckenast, die Priester Johann Steinwender und Angelus Steinmayr, die Soldaten Otto Schimek und Walter Kranjc und den Theologen der evangelischreformierten Kirche Zsigmond Varga.

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