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Flüchtlinge bleiben Flüchtlinge

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„Die Israelis kommen, hieß es bei uns im Dorf. Wir warteten nicht lange, packten schnell das Notwendigste in ein großes Tuch zusammen und wanderten in die Berge. Bis zur israelischen Besetzung wohnten wir in Chauwara. Ich hatte niemals einen Israeli gesehen. Zur Zeit des englischen Mandats war ich ein Kind, und in unser Dorf, dtos sich zwischen Nablus und Ramatta befindet, kamen niemals Juden. Nur vom Hörensagen kannte ich die Israelis. Sie werden uns alle niedermetzeln — sagte einer bei uns im Dorf. Wir wollten das nicht abwarten. Wir sind Fellachim (Bauern), und mein Vater und mein Großvater haben in Chauwara ihre Felder bearbeitet. Von Krieg haben wir niemals viel verstanden. Ich nahm meine Frau und meine fünf Kinder, und wir gingen in die Berge, in Richtung des Jordanflußes.“

Dies erzählte Chalil Abu Sweid, ein braungebrannter, etwa 30jähri-ger Araber, dessen Hände von der Feldarbeit schwielig sind und dessen Gesicht von der Sonne gefurcht ist. Nun war er wieder zurückgekommen.

Zankapfel seit 20 Jahren

Chalil Abu Sweid ist einer von den 15.000 arabischen Flüchtlingen, die das Glück hatten, bis zum 31. August dieses Jahres von ihrem Exil in Jordanien wieder in ihr Heimatdorf zurückkehren zu können. Für ihn war das Flüchtlingsproblem gelöst. Doch für viiele Tausende bedeutet es weiterhin Elend, Schmach und Erniedrigung. Denn Flüchtlinge sind überall Flüchtlinge, und werden immer als Bürger zweiten Ranges angesehen.

Die arabischen Flüchtlinge sind in den letzten 20 Jahren der Zankapfel zwischen Israel und den arabischen Staaten. Letztere fordern „Rückkehr aller Flüchtlinge nach Palästina“. Und nun gibt es weitere Zehntausende, die das Flüchtiingsheer vergrößern.

Die Zahl der Flüchtlinge, die vom Ufer westlich des Jordans in das Königreich Jordanien flohen, beläuft sich ungefähr auf 100.000. Jordanien sprach zuerst von einer Viertelmillion, heute spricht es noch von 150.000. Doch nach den letzten Schätzungen der UNRWA, die inoffiziell an Israel mitgeteilt wurden, ist diese Zahl bedeutend kleiner. Nach langen Verhandlungen, die mit Hilfe des Internationalen Roten Kreuzes geführt wurden, erklärte sich Israel bereit, alle Flüchtlinge, die darum ansuchten und entsprechende Formulare ausfüllten, wieder zurückzunehmen. Israel gestattete 3000 Flüchtlingen pro Tag die Rückkehr. Doch der gute Wille wurde falsch ausgelegt. Erst erklärten die jordanischen Behörden, daß alle 150.000 Flüchtlinge zurückkehren wollten. Die Verzögerung bei der Rückkehr, so behaupteten sie, komme daher, daß Israel nicht rechtzeitig die nötigen Formulare den jordanischen Behörden ausgehändigt habe. Doch am nächsten Tag waren alle Formulare an Ort und Stelle, aber trotzdem kehrten auch an diesem Tage nicht mehr als 1500 zurück. Es stellte sich heraus, daß Jordanien aus der Rückkehr politisches Kapital schlagen wollte.

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