7008767-1987_51_26.jpg
Digital In Arbeit

Grubers Baß, Möhrs Tenor

Werbung
Werbung
Werbung

Ein altes Dia, das ich unter dem Nachlaß meines Vaters gefunden hatte, war Anlaß, mich näher mit der Geschichte des Liedes „Stille Nacht, heilige Nacht“ zu befassen. Diese alte Aufnahme von Franz Xaver Grubers Grab in Hallein ist unterbelichtet, der Hintergrund sehr dunkel, von dem sich die letzte Ruhestätte des Komponisten kaum abhebt.

Franz Xaver Gruber war dreimal verheiratet gewesen und hatte zwölf Kinder gezeugt, doch nur vier seiner Kinder aus seiner zweiten Ehe und seine dritte Frau Katharina haben ihn überlebt.

Gruber hatte drei Dienststellen inne; die erste trat er 1807 in Arnsdorf an, wo er als Lehrer, Organist und Mesner tätig war (ab 1816 wurde er außerdem Chorregent und Organist an der St. Nikola-Kirche im nahegelegenen Oberndorf). Nach mehr als einundzwanzig Jahren erhielt er die Lehrer-, Organisten- und Mesner stelle in Berndorf. 1835 wurde Gruber nach Hallein berufen, wo er bis zu seinem Tode als Chorregent und Organist an der dortigen Stadtpfarrkirche wirkte.

Mit ausschlaggebend für den für den Sohn eines einfachen Leinwebers doch beachtlichen beruflichen Werdegang war ein Ereignis gewesen, das sich noch in seiner Kindheit zugetragen hatte.

Als an einem Sonntag plötzlich der Lehrer erkrankte, spielte der damals zwölfjährige Franz zum Hochamt. Es war Franz Xaver Grubers erstes öffentliches Auftreten, sein Debüt als Organist. In der Sprache des Weihnachtsevangeliums würde man sagen: „dies begab sich in der Pfarrkirche Maria Himmelfahrt zu Hochburg“, deren Patrozinium am 15. August gefeiert wird.

An Maria Himmelfahrt, auch Tag „Unsrer Lieben Frau Würzweihe“ genannt, werden in den Kirchen die Kräuter geweiht, die Mensch und Tier vor Unheil bewahren sollen. Doch „gegen den

Tod ist kein Kraut gewachsen“: ein Vierteljahrhundert nach diesem denkwürdigen Ereignis in Hochburg, am 15. August 1825, ist Grubers erste Frau Elisabeth verschieden. Seine beiden kleinen Mädchen aus dieser Ehe, die noch vor der Mutter gestorben waren, lagen schon auf dem Arnsdorfer Friedhof. 1828 wurde dort noch ein weiteres Kind Grubers aus seiner zweiten Ehe mit Maria zu Grabe getragen.

Grubers zweite Frau Maria Breitfuß war einmal seine Schülerin gewesen. Nach dem Tode seiner ersten Frau hatte er das inzwischen achtzehnjährige Mädchen geheiratet. Maria Gruber ist im 34. Lebensjahr bei der Geburt ihres zehnten Kindes in Hallein verstorben. Dies muß für den Gatten ein schwerer Schlag gewesen sein, stand er doch mit vier kleinen Kindern da. Doch für diese hat dann seine dritte Frau Katharina gesorgt.

Die Entstehung des Weihnachtsliedes ist hinreichend bekannt. Es wurde am 24. Dezember 1818 von Joseph Mohr getextet und von Gruber vertont und während der Mitternachtsmesse in der St. Nikola-Kirche uraufgeführt. Da sich die Orgel der Kirche in einem unbrauchbaren Zustand befand, erfolgte die Begleitung des Liedes nur mit einer Gitarre, „getragen von dem dunklen Baß Grubers und dem hellen Tenor seines Freundes Mohr“.

Nach Oberndorf trennten sich die Wege der beiden Schöpfer des Weihnachtsliedes. Joseph Mohr kam 1819 an die Kirche Maria Himmelfahrt in Kuchl, in deren Außenmauer heute ein kleines Relief eingelassen ist, das an den Dichter-Priester erinnern soll.

Der Orgelbauer Karl Maura-cher aus Fügen am Ziller, der 1824 zur Erstellung einer neuen Orgel nach Oberndorf an der Salzach gerufen worden war, brachte von dort das noch wenig bekannte Lied in seine Heimat.

Zwei Sängergruppen aus dem Zillertal, die Strasser- und Rainersänger, haben dann auf ihren Konzertreisen dafür gesorgt, daß das Lied weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannt geworden ist.

An der Bubenburg in Fügen befindet sich heute eine marmorne Gedenktafel, in der die Namen Grubers und Möhrs eingemeißelt sind, daneben das Datum „24, 12. 1818“, und darunter der vertonte Text der ersten Strophe von „Stille Nacht, heilige Nacht“ mit dem abschließenden Vermerk: „Ziller-taler Sänger brachten dieses Lied von hier aus in alle Welt“.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung