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Kunst und Unterhaltung
(Echte) Wiederaufführungen bringen zumeist wesentlich bessere Filme als es die meisten neuanlaufenden sind; aus diesem Grund sei auch an der Spitze der diese Woche in Wien gezeigten Filme die hervorragende sowjetische Dostojewski-Verfilmung „Die Brüder Karama-sow“ von Iwan Pyrjew (in russischer Originalfassung mit deutschen Untertiteln noch dazu, wodurch besondere Milieutreue erreicht wird!) und der ebenso monumentale wie thematisch interessante polnische Farbfilm „Pharao“ von Jerzy Kawalerowicz genannt; wer sich nicht entscheiden kann, was er sich im Kino ansehen soll, kann sich blind für eines der beiden Werke entschließen — er wird es nicht bereuen..
Wer aber über einen harmlosen,
dennoch aber mitunter unerhört witzigen und fast geistreich-satirischen Filmspaß lachen will, wer richtig zur unbeschwerten Unterhaltung ein Kino besuchen will (und das ist ja die Uraufgabe, -tendenz und -absieht der Kinematographie immer gewesen, nicht Agitation und Edukation!), der darf Walt Disneys „Big Boy... der aus dem Dschungel kam“ nicht versäumen. Die Grundgeschichte von dem größten Sportler der Welt, der aus dem afrikanischen Urwald tar-zanartig auftaucht und in amerikanischen Colleges Furore macht, ist weitaus weniger originell und lustig als die Gestaltung, die tricktechnisch als genial, und vom Drehbuch her, als hinreißend bezeichnet werden muß: was hier an satirischen Persiflagen aus sämtlichen Gebieten (vom Tar-
zan-Film bis zur Kritik an der modernen Medizin, vom überheblichen Fernsehkommentator bis zum Sportwahn) bunt zusammengetragen ist, ergibt eine solche Fülle kostlicher Bosheiten, daß man,, um sie alle zu erfassen, den Film mehrmals sehen müßte ... Und was das Disneysche Trickstudio in zwei kurzen Szenen zusammengebastelt hat, übertrifft sogar einschlägige Science-fiction-Filme wie „Dr. Cyclops“, „The Incre-dible Shrinking Man“ und „The Devil's Doli“ bei weitem (schade, daß die Produktionsfirma noch keine solchen Filme gemacht hat!). Ein wirklich höchst vergnüglicher (wenn auch sehr harmloser) Spaß für die ganze Familie — ist das aber nicht enorm viel heute?
Auch Claude Lelouchs neuen Film „Ein glückliches Jahr“ kann man ansehen; wenn auch kein solches „Meisterwerk“, wie die Reklame es glauben machen will, ist er doch eine
recht amüsant und geschickt gemachte Gaunerkomödie, die viel
handwerklich-filmisch-technisches Können aufweist und daneben auch noch den „Tiefgang“, der Lelouchs Filme bei einer breiten Masse, so populär und beliebt macht. (Und hier beginnt auch die ernsthafte Auseinandersetzung, Kritik mit diesem Regisseur: selbst seine Schlichtheit und einfache Natürlichkeit ist so „schick“, so modisch geleckt, so künstlich-steril, so glatt, daß sie an Superwarenhausdekorationen' erinnert, an modische Werbegags und -effekte, an Manager, die „in“ sind. Von psychologischer Zeichnung, von wirklich realistischer „Schlichtheit“ ist nichts vorhanden — das ist das Problem Lelouch, der für den Augenblick stets zu faszinieren weiß, morgen aber bereits überholt .wirkt — siehe die Wiederaufführung von „Ein Mann und eine Frau“!
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