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Neues von der Geschlechterfront

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Der neue Mann - eine Chimäre", so könnte man die neun Beiträge in der „Dokumentation zur Frauen- und Männerakademie 1992" in Graz zum Thema „Die neue Männlichkeit" auf den Punkt bringen. Wobei es - man ist versucht zu sagen, typisch männlich - die Männer sind, die eine Veränderung des maskulinen Bewußtseins am radikalsten in Frage stellen und am lautesten die Feminisierung der Gesellschaft fordern.

Doch wirkt es klischeehaft, wenn Wilhelm Johnen behauptet, daß „Frauen ihren Empfindungen vertrauen und Nähe zum Gegenüber herstellen wollen" und Männer sich dadurch bedroht fühlen.

Auch an die größere Friedfertigkeit der Frauen ist schwer zu glauben, wenn man auf einem Spielplatz beobachtet, wie psychisch und physisch repressiv Mütter mit Kindern umgehen. Auch sieht es sehr nach general-stabsmäßiger Planung aus, wenn der Männerforscher Alberto Go-denzi sechs Punkte anführt, wie „die Festung Mann zu unterhöhlen" ist.

Tatsache ist, und das beweisen Paul M. Zulehners Forschungsergebnisse zu den „Selbstbildern"

österreichischer Männer, daß sich die Entwicklung zu einer „ausgeglicheneren" (das heißt auch androgyneren) Gesellschaft nicht in Jahren, sondern bestenfalls in Generationen nachweisen läßt. Das hat jedoch nicht nur mit dem bösen Willen der Männer, sondern viel damit zu tun, daß „unser Wirtschaftssystem auf der Arbeitskraft des männlichen Menschen aufbaut, das heißt, es setzt einen Arbeitnehmertyp voraus, der hundert Prozent seiner Arbeitskraft dem Beruf zur Verfügung stellt," wie Herrad Schenk ausführt.

Freilich argumentieren die Feministinnen und Feministen nicht ganz zu Umecht, daß ja Männer dieses System geschaffen haben. Das verhindert aber nicht, daß auch Männer darunter leiden. Davon ist hier wenig die Rede.

Vielmehr beschränkten sich einige auf eine Art akademischer Kriegsberichterstattung von der Geschlechterfront. Ob das den Zielen der Gleichberechtigung dienlich ist, muß ernsthaft bezweifelt werden.

DIE NEUE MÄNNLICHKEIT

„Männliche und weibliche Kultur". Fakten, Perspektiven, Utopien. Herausgegeben von Bidi Steibi Leykam Buchverlag, Graz 1993. 149 Seiten, öS 198,-.

Die Caritas am Prüfstand von Theorie und Praxis

Von Johannes Vorlaufer

Dieser „Grundkurs Caritas" basiert auf einem Hoch-schullehrgang der Katholisch Theologischen Hochschule Linz, der das Ziel verfolgt, zwischen Theologie und Praxis der Caritas eine Brücke zu schlagen. Derzeit stehen theologisch ausge-

bildete Seelsorger und praktisch qualifizierte Sozialarbeiter einander arbeitsteilig getrennt gegenüber. Doch beiden geht es um den ganzen Menschen - deshalb ist eine Begegnung von Seelsorgern und CaritasmitEurbeitern auch dringend nötig, um das jeweilige Selbstverständnis und gemeinsame Aufgaben zu reflektie-

ren. Im ersten Teil wird der Ort der Caritas, in Gesellschaft und Kirche wahrgenommen. Danach analysiert Michael Ebertz die aus dem gesellschaftlichen Wandel resultierenden Änderungen der Herausforderungen. Norbert Mette und Wilhelm Zauner reflektieren die Identität der Caritasarbeit von ihren biblischen Ur-

sprüngen her; Hubert Oppl formuliert Handlungsprioritäten.

Ein Buch, das die Spannung zwischen Seelsorge und Sozialarbeit widerspiegelt.

GRUNDKURS CARITAS. Herausgegeben von Markus Lehner und Wilhelm Zauner. Landesverlag, Linz 1991 176 Seiten, öS 198,-.

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