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Der Zeitgelietxfe
Ihn hetzt die Zeit. Und er läßt sich von ihr hetzen. Es ist für alle, die ihn kennen, überhaupt ein Rätsel, daß er doch noch soviel Zeit findet, um nicht aus Zeitmangel das Zeitliche zu segnen.
Und dabei möchte er in Wahrheit ein beschaulich-genießerisches Dasein führen. Am liebsten das eines Fische angelnden Einsiedlers.
Aber Zeit ist Geld.
Und um Geld dreht sich die Welt.
Neulich traf er auf der Straße einen Fußgänger, dessen Gesicht ihm bekannt vorkam.
Er wollte grußlos an ihm vorübereilen.
„He!“ rief da der andere und vertrat ihm den Weg. „Kennst du mich nicht?“
„Bedaure. Habe keine Zeit!“ entschuldigte sich der Eilige.
„Für deinen stillen Teilhaber wirst du aber Zeit haben müssen!“
Da erschrak der Gehetzte bis ins Mark; denn er erkannte den Tod.
„Ich bin überhaupt nicht vorbereitet... Laß mir noch Zeit!“ stammelte er.
„Warum sollte ich Zeit für dich haben, wenn du keine Zeit für mich hast?“
„Ich habe ein Gefühl, als hätte ich kaum gelebt ...“
„Du hättest deine Zeit besser einteilen sollen!“
„Gefangen!“ dachte der Zeitgehetzte. „Alle Reichtümer würde ich jetzt für ein paar Atemzüge Zeit hergeben ...“
„Komm schon!“ hörte er des andern unerbittliche Stimme.
Da fing der Mensch, der im Leben sich nie Zeit genommen hatte, wie ein Besessener zu laufen an.
„He! Ich glaube, du verwechselst mich mit dem Steuerbeamten!“ schrie ihm der andere nach.
Und hob die Knochenhand.
Da stolperte der Zeitgehetzte auf der Straße und wurde von einem Auto überfahren.
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