Ein Aufstand der Bauern

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Es sollen 50.000 gewesen sein, die da Montag in Brüssel gegen die Agenda 2000 der EU, soweit sie die Landwirtschaft betrifft, protestiert haben. Bauern aus allen EU-Staaten. Pro Land ein Redner. Erregte Stimmen, markige Worte. Cool dagegen Agrarkommissär Franz Fischler. Die Sachzwänge sprächen für sich: Überproduktion, übervolle Lager, zu viel EU-Geld für die Bauern. Man müsse Weltmarktpreise für Agrarprodukte ins Visier nehmen. Nach den WTO-Verhandlungen im Herbst werde der Wind auf den Agrarmärkten eben rauher wehen ...

Ob die Demonstration in Brüssel etwas bewirkt? Wohl kaum. Warum sollten auch die paar Bauernvertreter in der EU-Zentrale mehr erreichen als die 1,2 Millionen österreichischen Unterzeichner des Gentechnik-Volksbegehrens im Parlament? Wer gegen die Logik des "Fortschritts" die Stimme erhebt, stellt sich eben ins Abseits.

Dort stehen die Bauern ja schon lange, in Österreich etwa mit einem Anteil am Inlandsprodukt von lächerlichen 1,4 Prozent. Das ist um fast 60 Prozent weniger als 1988. Bemerkenswert auch die folgende Zahl: Pro Famillienarbeitskraft betrugen 1997 die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft 169.675 Schilling. Ein Durchschnittswert, wohlgemerkt! 25 Prozent der Betroffenen lukrierten weniger als 65.000 Schilling, sprich 5.400 im Monat. Kein Wunder, daß es 1997 elf Prozent weniger landwirtschaftliche Betriebe gab als zu Beginn der Dekade. Und klar, daß da protestiert wird.

Alle Schuld also bei den herzlosen Brüsseler Bürokraten? So einfach ist es auch wieder nicht. Denn eines ist offensichtlich: Weil sie unfinanzierbar ist, bedarf die EU-Agrarpolitik der Reform. Nur ist ihre Stoßrichtung, nämlich das Fitmachen für den Weltmarkt, falsch. Das wird das Aus für die bäuerlichen Familienbetriebe in Ungunstlagen, vor allem in den Alpen und im Norden bedeuten. Einfach zu teuer, was dort produziert wird. Und ob Prämien für Landschaftspflege die Bauern auf Dauer am Hof halten, ist mehr als fraglich.

Gibt es eine Alternative? Ja, aber diese steht im Widerspruch zur Grundphilosophie der EU, die das Heil im Wettbewerb, in der Plünderung nicht erneuerbarer Ressourcen und in der Effizienz sucht und dabei über Leichen geht - pardon, notwendige Strukturanpassungen in Kauf nimmt.

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