Schrebergartenwirtschaft zahlt sich aus

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Für das BSE-freie Österreich besteht keine Notwendigkeit, an der Massentötung von Rindern teilzunehmen.

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Für das BSE-freie Österreich besteht keine Notwendigkeit, an der Massentötung von Rindern teilzunehmen.

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Wie nie zuvor sind die Menschen heute in Sorge um die Zukunft der Natur und Umwelt. Durch Jahrtausende wurde der Mensch von den Naturkräften bedroht." Diese Feststellung findet sich im Sozialhirtenbrief der Katholischen Bischöfe Österreichs aus dem Jahre 1990 und ist angesichts der aktuellen Diskussion über die Zukunft der bäuerlichen Landwirtschaft aktueller denn je. BSE steht nicht nur für die Abkürzung "Bovine Spongiforme Enzephalopathie", sondern letztlich auch für die Frage: "Ist die bisherige Agrarpolitik gescheitert oder nicht?"

Die Zahl der Betriebe hat sich in Österreich seit 1995 um neun Prozent auf 217.500 vermindert! Nur mehr 37 Prozent werden im Haupterwerb bewirtschaftet. Die Rinderwirtschaft hat in Österreich auf Grund der natürlichen Produktionsbedingungen eine zentrale Bedeutung. Die Zucht- und Nutzrinderproduktion sowie die Milchwirtschaft werden vorwiegend in den Grünlandgebieten im Gebirge und Voralpenraum betrieben, die Rindermast im Alpenvorland und im östlichen und südlichen Flach- und Hügelland. Die tierische Erzeugung machte wertmäßig 1999 30,5 Milliarden Schilling aus, 62,4 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Endproduktion. Etwa 101.600 Rinderhalter, 86.200 Schweinehalter sowie 90.600 Geflügelhalter bangen nun um ihre Zukunft. Österreich ist ein klassisches Bergbauernland mit einem hohen Anteil an Grünland. Das Grünland ist aber ohne Rindvieh nicht zu bewirtschaften, die Kulturlandschaft ist damit gefährdet.

Der Schaden, den verantwortungslose Futtermittelhersteller, Tierärzte und Bauern für die gesamte bäuerliche Landwirtschaft anrichteten, wird noch längere Zeit negativ nachwirken. Österreichs Agrarpolitik hat aber schon Mitte der 80er Jahre einen international beachteten Kurswechsel - nicht selten kritisiert oder belächelt (Bundeskanzler Gerhard Schröder: "Schrebergartenlandwirtschaft") - eingeleitet.

Unbestritten ist, dass BSE und der Schweinemastskandal agrarpolitische Konsequenzen erfordern. Es geht darum, das Vertrauen der Konsumenten wieder zu stärken, sie entscheiden mit ihrem Nachfrageverhalten über die Zukunft der Landwirtschaft. Die Märkte sind in Unordnung geraten, trotzdem besteht für das BSE-freie Österreich keine Notwendigkeit, an der Entlastungsaktion der EU, die einer Massentötung von Rindern gleichkommt, teilzunehmen; solange ein funktionierender Markt mit akzeptablen Preisen möglich ist.

Die Maßnahmen im Kampf gegen BSE haben die Reserven im EU-Budget aufgebraucht, betonte Budgetkommissarin Michaele Schreyer. Sie präsentierte dabei den Vorschlag, den Haushalt um 971 Millionen Euro (13,4 Milliarden Schilling) aufzustocken. Mit 700 Millionen Euro (9,63 Milliarden Schilling) sollen 530.000 Tonnen Fleisch aus dem Markt gezogen werden. Für den Ankauf von Fleisch junger Mastrinder sind darin 238 Millionen Euro (3,27 Milliarden Schilling) vorgesehen. Weitere Konsequenzen für Agrarpolitik und Verbraucher müssen folgen: unter anderem die Organisation einer sicheren Nahrungskette mit dem Ziel, wirksame und effiziente Kontrollen zum Schutz von Menschen, Tieren und Pflanzen zu gewährleisten.

Mit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (Agenda 2000) wurde in der EU eine tief greifende Kurskorrektur eingeleitet und ökologische Perspektiven für den Zeitraum 2000 bis 2006 festgelegt. Direktzahlungen für Umweltleistungen wurden ausgebaut. Das Europäische Modell der Landwirtschaft - multifunktional, wettbewerbsfähig und nachhaltig - wird in die WTO-Verhandlungen eingebracht. Agrarpolitik ist Dienst am Menschen - vom Landwirt zum Lebenswirt - sollte das Zukunftsprogramm sein, oder wie Agrarkommissar Franz Fischler formulierte: "Die Qualität, nicht das Produkt soll im Mittelpunkt der neuen Agrarpolitik stehen."

Der Autor ist Gruppenleiter im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft.

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