Psychische Erkrankungen: Prävention beginnt im Kindergarten

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Psychische Erkrankungen, die sonst gern totgeschwiegen werden, erhalten derzeit viel Aufmerksamkeit: In den Warnungen vor den psychischen Belastungswellen, die im Schatten der Coronakrise bereits hereingebrochen sind. Im Aufschrei der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Wiener AKH, die unlängst davor warnte, Patienten im Sinne einer Triage hintanreihen zu müssen. Zuletzt auch angesichts der drohenden Schließung des St. Pöltner Therapiezentrums Jefira, das seit 14 Jahren traumatisierte Flüchtlinge betreut. Der Grund: Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) lehnt die weitere Förderung ab. Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser bezeichnet dies als „Verbrechen gegen die Seelen dieser Menschen“. Denn für die meisten Asylwerber bedeutet das künftig wohl keine Therapie und weitaus schlechtere Chancen auf Integration.

Dass die Psychosozialen Dienste und die Med-Uni in Wien für Kinder und Jugendliche ab März eine intensive Behandlung im häuslichen Umfeld anbieten, ist ein wichtiger Ansatz. Experten fordern seit langem, die Versorgung außerhalb der Stationen zu stärken, um den Betroffenen und dem System eine teure Hospitalisierung zu ersparen. Niederschwellig, interdisziplinär und lebensnah, so sollten psychosoziale Zentren und Praxen ausgebaut werden: Die nächste Krise kommt bestimmt. Doch das ist noch zu kurz gegriffen, wenn man für künftige Herausforderungen gerüstet sein will. Investitionen in die Prävention sind nun das Gebot der Stunde. Das beginnt im Kindergarten, wo es einen besseren Betreuungsschlüssel braucht, sowie in der Volksschule, wo mehr Psychologen gefragt sind, um „Problemfälle“ frühzeitig abzufangen.

Psychoedukation, also die Anleitung zu psychisch förderlichen Handlungen, sollte ebenso bereits ab der Volksschule verankert werden. Wer um die präventiven Effekte der Bewegung weiß, darf auch den Turnunterricht nicht mehr antasten, sondern müsste darüber nachdenken, wie man das gesamte Bildungssystem für ausreichend Sport fit machen kann. „Psychische Gesundheit“ ist ein abstrakter Begriff, der noch viele kaltlässt. Doch schon heute sind psychische Störungen eine Hauptursache für vorzeitige Pensionierungen. Und glaubt man den Prognosen der WHO, wird dieses Feld für die Industrie­nationen immer wichtiger: 2030 könnten bereits fünf psychiatrische Diagnosen die Liste der Top-10-Erkrankungen dominieren.

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