Afrikas Pluralität sichtbar machen

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Wer bestimmt, was afrikanische Kunst ist? Heiße Diskussionen in der Wiener Kunsthalle.

Westliche Bilder von Afrika sind von Exotismus geblendete Einbildungen: Recht wird aus eurozentrischer Sicht in Afrika zu Brauchtum, Philosophie zu Instinkt, Psychoanalyse zu Hexerei und Kunst zu Folklore. Andererseits bietet die zeitgenössische Kunst aus Afrika einem müde gewordenen westlichen Kunstmarkt neuen dringend benötigten Stoff." Diese Thesen stellt die Kunsthalle im Wiener Museumsquartier an den Beginn eines Symposions anlässlich der Ausstellung "Flash Afrique", die sich mit der Entwicklung der westafrikanischer Fotografie auseinandersetzt. Seit Jahren führen Ausstellungen über afrikanische Kunst zu Debatten um die oben angeschnittenen Themen, die Kunsthalle wird dieser Tatsache mit ihrer Veranstaltungsreihe gerecht, deren erster Teil klar die Linien aufzeigte, entlang derer die aktuelle Diskussion verläuft.

Für die Organisation "Kulturen in Bewegung" werden über Medien immer die selben Bilder von Afrika präsentiert. Begriffe wie AIDS, Diktatur, Hunger würden mit Afrika assoziiert werden. "Es ist wichtig, wie ich einen Staat in einer Ausstellung präsentiere: transportiert man wieder nur dieselben Klischees oder ist es ein Aufbrechen", so Michael Stadler, Sprecher von "Kulturen in Bewegung". Als Kurator müsse man sich sehr genau überlegen, welche Bilder man auswähle.

"Afrika findet nun Anklang", befindet Simon Njami, Herausgeber der Kunstzeitschrift "Revue Noire", die einen Überblick über zeitgenössische afrikanische Kunst geben will. Und es ist ein Afrikaner, der in der internationalen Kunstszene Gesprächsthema ist: Okwui Enwezor, ein aus Nigeria stammender Kurator, ist Leiter der documenta 11, der neben der Biennale Venedig wohl renommierteste Leistungsschau zeitgenössischer Kunst die im Juni 2002 in Kassel eröffnet. Erst seit 1992 nehmen auch afrikanische Künstler und Künstlerinnen daran teil.

Neokolonialismus?

Die österreichische Kunstszene wird mit Ausstellungen wie "Flash Afrique" einer Entwicklung nur marginal gerecht, denn solche Ausstellungen haben sich in Österreich noch nicht durchgesetzt, so die Ethnologin Ulrike Sulikowski bei der Diskussion in der Kunsthalle. International setzten bereits in den achtziger Jahren Ausstellungen in Paris und New York Zeichen.

In Österreich war 1996 "Die andere Reise" in der Kunsthalle Krems ein mutiger, neuer Zugang zur zeitgenössischen afrikanischen Kunst. Die heuer gezeigte Ausstellung "An/Sichten - Malerei aus dem Kongo 1990-2000" im Museum für Völkerkunde sei für Michael Stadler hingegen exemplarisch für den heimischen Umgang mit außereuropäischen Künstlern. In einem offenen Brief hat er der Ausstellung "neokoloniale Konzepte" unterstellt. Zur Vernissage wurden die Künstler nicht eingeladen. Das Nicht-Ernstnehmen von den Künstlern sei eine veraltete Sicht, die im Gegensatz zu internationalen Standards stehe. Die Kuratorin Barbara Plankensteiner entgegnete, dass ein Vergleich mit Ausstellungen von Gegenwartskunst an der Sache vorbeigehe. Es handelte sich um eine ethnologische Ausstellung, die sich mit speziellen Aspekten der populären Malerei befasste. "Aber ich werde in Zukunft vorsichtiger sein, denn es ist schwierig abzuschätzen wie etwas verstanden wird", räumt sie ein.

Der Ethnologe Thomas Fillitz von der Universität Wien ärgert sich in einer Entgegnung zu Stadlers offenen Brief über dessen Prämisse, dass der ethnologische Blick mit zeitgenössischer Kunstrezeption nichts mehr zu tun habe. Fillitz meint, dass es den ethnologischen Blick nicht gebe. In seinem Fachgebiet gebe es viele Ansätze das Phänomen Kunst außereuropäischer Gesellschaften zu untersuchen.

Afrikanische Künstler würden ausgebeutet, dieser Vorwurf steht in diesem Zusammenhang immer wieder im Raum. Fillitz entgegnet bei der Diskussion, dass traditionelle afrikanische Stammeskunst oft durch Betrug und illegal nach Europa käme, aber bei den Kunstobjekten im Besonderen aus der Pigozzi-Sammlung des Pariser Kurators André Magnin sei das nicht der Fall. Kunstprodukte aus dieser Sammlung werden oft über den Marktwert verkauft.

Werner Pilz, Inhaber von "Habari", einem Geschäft für afrikanische Inneneinrichtung in Wien sagt, dass sein Geschäft erfolgreich sei, aber er betreibe auch eine Galerie und lade die afrikanischen Künstler natürlich nach Österreich ein. "Der Kontakt mit den Künstlern ist sehr wesentlich, denn Kunst ist nur im Kontext mit den Menschen begreifbar.", so Pilz im Gespräch mit der furche. Das Zentrum liege in Europa. "Ein afrikanischer Künstler könne erst dann eine Künstlerexistenz führen, wenn er sich in Europa behauptet und ausgestellt wird. Das sind die Spielregeln", meint Simon Njami.

Die Spielregeln werden sich nicht so bald ändern. Bei der Diskussion in der Kunsthalle haben sich zahlreiche Schwarzafrikaner aus dem Publikum zu Wort gemeldet. Sie verlangen ein Aufbrechen der Vorurteile. "Jeder von uns ist hier, damit die Pluralität Afrikas klarer wird."

Weitere Symposions-Termine:

4. und 18. Oktober

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