Kontakt zur aktuellen Kunst

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Die Erste Bank-Gruppe sammelt seit 2004 Bausteine einer gemeinsamen europäischen Kunstgeschichte der letzten Jahrzehnte. Künstler der Region Mittelosteuropa sollen miteinander vernetzt und gemeinsam präsentiert werden.

Kontakt. Die Kunstsammlung der Erste Bank-Gruppe" beschäftigt sich mit der Kunstproduktion in Zentral-, Ost- und Südosteuropa unter Berücksichtigung gegenwärtiger Kunstdiskurse und kritischer Theorie. "Kontakt" reflektiert die politische und historische Transformation in Europa und den Stellenwert der Kunst vor dem Hintergrund spezifischer kultureller, sozialer und ökonomischer Entwicklungen in post-sozialistischen Ländern. Die Kunstsammlung wurde 2004 als Verein gegründet, der mit jährlichen Mitgliedsbeiträgen der Teilunternehmungen der Erste Bank-Gruppe in Kunst aus zentral- und osteuropäischen Ländern investiert und an ihrer musealen Verbreitung interessiert ist.

Ziel ist es, eine kunsthistorisch und konzeptuell fundierte Sammlung zu entwickeln, die lokalspezifische und kontextbezogene, aber von vielen Museen bisher vernachlässigte Positionen innerhalb der internationalen Kunstproduktion thematisiert. Das führt zu einer Neubewertung des existierenden Kanons der jüngsten Kunstgeschichte und eröffnet neue Positionierungsmöglichkeiten künstlerischer Tätigkeit.

Die Intention der Sammlung besteht darin, Formen der Kunstproduktion innerhalb der veränderten und sich verändernden politischen Geografien Europas zu reflektieren. Es gilt, die Kunst der ehemaligen kommunistischen Länder in einem internationalen Vergleich zu betrachten und auf gegenseitige Beziehungen sowie unterschiedliche Praktiken hinzuweisen. In den meisten Ländern des ehemaligen Realsozialismus befanden sich die Künstlerinnen und Künstler untereinander oftmals in geringerem Austausch als mit Vertretern der internationalen Kunstwelt, da eine einheitliche Infrastruktur fehlte, die künstlerische Produktion und eine intensive Kommunikation forciert hätte.

"Kontakt. Die Kunstsammlung der Erste Bank-Gruppe" zielt auf eine Präsentation von Werken, die eine entscheidende Rolle in der Formierung einer gemeinsamen europäischen Kunstgeschichte einnehmen. Der inhaltliche Ausgangspunkt von "Kontakt" bezieht sich auf die konzeptuellen Tendenzen und wichtigen künstlerischen Strömungen der 1960er und 70er Jahre. Dieser historisch angelegte Teil beginnt mit einer Anzahl von Werken, die sich als Reaktion auf den Modernismus verstehen und seine Stellung im gegenwärtigen Kunstdiskurs thematisieren. Die Entwicklungen in Ost- und Südosteuropa dienen hierbei als Ausgangspunkt, um einen grundlegenden Bestand an Arbeiten und Installationen zu schaffen. Der Hauptteil der Sammlung fokussiert auf Werke der jüngeren und jüngsten Kunstgeschichte.

Geschichten Osteuropas

Die Geschichte Osteuropas besteht aus zahlreichen Teilgeschichten, die sich keiner einfachen Systematisierung unterziehen lassen. Der Beginn im Rahmen der internationalen Avantgarden der 1960er Jahre verweist auf die Entstehung konzeptueller und aktionistischer Tendenzen, die sich international gleichzeitig entwickelten. Neben dem Ziel, den Kanon der jüngsten europäischen Kunstgeschichte zu reartikulieren, versucht die Sammlung erratische, aber referenzielle Arbeiten mit einzubeziehen, die eine kontinuierliche, aber öffentlich oftmals verborgen gebliebene Kunstproduktion bezeugen. Der generelle Fokus der Sammlung liegt auf einer trans-geografischen Auffassung von Kunst, die sich weniger mit Räumen als physischen Produktionsstätten, sondern mit ihren inhaltlichen Vernetzungspotentialen auseinandersetzt.

Die Sammlung baut auf einem in seiner Art außergewöhnlichen und sehr speziellen Kunstschaffen auf. Dem kulturellen Europa entgeht diese Bereicherung, solange es keine Antworten findet, die Beiträge der Künstler in neue Fähigkeiten der Wahrnehmung und des Dialogs zu integrieren. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, ist eine Sammlungstätigkeit notwendig, die den ästhetischen und sozialen Kontext berücksichtigt.

Gesammelt wird nicht des reinen Sammelns wegen. Die Erste Bank-Gruppe hat sich zu diesem Projekt entschlossen, weil sie ihr Engagement als Beitrag versteht, in den Gesellschaften, in denen sie sich bewegt, neben den ökonomischen auch soziale und kulturelle Werte zu schaffen. Für den Aufbau einer neuen Kunstsammlung bedeutet das eine umfassende Verantwortung gegenüber teils immer noch isolierten kulturellen Praktiken und Traditionen und das Zur-Verfügung-Stellen einer professionellen Infrastruktur der Konservierung, Forschung, Kommunikation und Präsentation.

Eines der Ziele der Sammlung ist es, Arbeiten aus der Region miteinander in Kontakt zu bringen und dadurch einen übergreifenden Kontext zu formulieren, der als gemeinsame Geschichte bisher nicht existierte und die Arbeiten in einem neuen Licht erscheinen und deuten lässt. So entstehen auch ein neues Archiv, eine Erinnerungsdatenbank als Ausdruck ihrer Zeit und der jeweiligen künstlerischen biografischen Erfahrung, ein Instrument zur Verständigung und zur Identitätsbildung in der Region.

Die Region und ihr Kontext

Die Kunstsammlung der Erste Bank-Gruppe versteht sich daher als prozessorientierte Struktur, die auf die Entwicklungen innerhalb der Gegenwartskunst reagiert. Die Sammlungsaktivitäten gehen über einen schrittweisen Ankauf von Kunstwerken hinaus, ebenso vielfältig sind die Möglichkeiten ihrer Repräsentanz. Neben einer kontinuierlichen Ankaufstätigkeit bietet die Sammlungsstruktur eine flexible Arbeitsplattform, die in ständigem Kontakt zur aktuellen Kunstproduktion steht.

Die Präsentation der Kunstwerke erfolgt daher unabhängig von einem institutionell und lokal verankerten Ausstellungsraum auf dezentraler Basis. Ausstellungen finden in Form von kuratierten Projekten in Zusammenarbeit mit musealen Institutionen und Ausstellungszentren im In- und Ausland sowie den Künstlerinnen und Künstlern selbst statt. Ein Anliegen ist auch, die Sammlung bzw. eine Werkauswahl in jenem lokalen Kontext zu zeigen, in dem die Kunstwerke entstanden sind.

Projekte & Präsentationen

Als Beginn einer umfassenden Präsentationsreihe diente daher auch eine grenzüberschreitende Ausstellung, die 2006 im MUMOK in Wien sowie in den tranzit workshops in Bratislava stattfand und den historischen Kern der Sammlung im MUMOK mit aktuellen Positionen in Bratislava konfrontierte. Als zweite große Präsentation diente eine Ausstellung im Museum zeitgenössischer Kunst in Belgrad im Jahr 2007, die vor allem auf die Kunst des ehemaligen Jugoslawiens fokussierte und in einem der wenigen, bereits in den 1960er Jahren gegründeten zeitgenössischen Kunstmuseum eine adäquate Repräsentationsstätte fand.

Im Jahr 2008 erweitern Ausstellungen in Ungarn sowie im Österreichischen Kulturforum New York den Repräsentationsrahmen, wobei zweitere vor allem auf die Thematik Gender ausgerichtet ist und die Möglichkeit zeigt, auch zu einzelnen Themenschwerpunkten aus der Sammlung Ausstellungen zu kuratieren. Dadurch versucht die Sammlung weiterhin, in einem spezifischen geografischen Territorium inhaltliche Schwerpunkte zu setzen, diese aber unabhängig davon in einem internationalen Kontext zu präsentieren.

Der Autor ist Kurator von

Kontakt. Kunstsammlung

der Erste Bank-Gruppe.

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