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Skandinaviens Kunst -bei uns fast unbekannt

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Die Ausstellung Aquilo (Nordwind), die derzeit im 20er Haus gezeigt wird, gibt anhand von vierzehn jungen Künstlerinnen und Künstlern aus Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden einen Einblick in die in Mitteleuropa weitgehend unbekannte skandinavische Gegenwartskunst. Gezeigt werden zirka fünfzig Arbeiten, vorwiegend aus den Bereichen Installation, Objektkunst und Fotografie.

Alle ausgestellten Werke spiegeln die Kühle und Komplexheit Skandinaviens wider. Positive künstlerische Einblicke, Originalität, interessante Aspekte sowie Vielfalt dominieren. Unter anderem ist Henrietta Lehto-nens Porzellanturm ein reizend vieldeutiges Kunstwerk. Von weitem betrachtet gleicht das Ganze einem luxuriösen Glasregal, wie man es in Design-Geschäften findet. Jeder Gegenstand hat sein eigenes Gestell, die Formen und Muster der Teller und Schalen lassen sich aus vielen Winkeln betrachten. Die reine weiße Oberfläche der Porzellan-turm-Objekte, die normalerweise von einer romantischen Landschaft oder einem Blumenarrangement geziert wird, ist bei Lehtonen mit blauen Fingerabdrücken und anderen Flecken geschmackvoll bedeckt. Auch Katarina Norling überzeugt und fasziniert durch Originalität und Sinn für Witzig-Hintergründiges: Die Künstlerin bettete unter anderem eine Kommode, die einst im Mädchenzimmer ihrer Mutter gestanden hat, in einen blau-grünen Seifenbrei ein, in dem sie Perlen und Schnecken vermengt, während sie zugleich über einen mit Seife überzogenen Toilettentisch gerasterte, diffus hervorscheinende Bilder hängt, die die Frauen der Familie, von der Urgroßmutter bis zur Mutter, darstellen. Es scheint, als ginge es darum, ein Bild von der weiblichen Maskerade als Voraussetzung der Identität und Geschlechtszugehörigkeit zu gestalten, die gerade vor dem Spiegel des Toilettentisches stattfindet im Einklang mit den Regeln, die die männliche Kultur den Frauen vorschreibt.

Erwähnenswert erscheinen auch Balder Olriks widerspruchsvolle BiL der. Die Motive - eine zerstörte Stadt oder angreifende Bombenflugzeuge - sind maskulin aggressiv, bedrohlich und destruktiv. Die Arbeitsmethode des Künstlers - Computerbilder - unterstreicht die Botschaft der Motive: kalt und maschinell, berechnend, aber auch fesselnd und ausdrucksstark.

Direktor Löränd Hegyi meinte auf die Frage, warum er gerade jetzt diese Ausstellung nach Wien holte: „Aquilo ist eine Fortsetzung der Serie des Museums moderner Kunst Stiftung Ludwig, welche in Wien wenig bekannte oder für das Wiener Publikum völlig unbekannte Kunstregionen und Länder präsentiert. Diese Zielsetzung bezieht sich nicht nur auf eine aktuelle Information über die zeitgenössische Kunstszene und über die Tendenzen der letzten Jahre, sondern auch auf die Bildung eines neuen Kunstbewußtseins, in dem die seriöse Auseinandersetzung mit der Frage der Beziehungen zwischen Zentren und Peripherien eine bedeutende Bolle spielt. Dies bedeutet auch eine Sensibilisierung der historischen, politischen und soziologischen Kontextbezogenheit des Kunstgeschehens.

Besonders in Österreich und besonders in diesem historischen Moment, wo man über wichtige Schritte der gesamteuropäischen Integration und über die europäische Multi-kulturalität diskutiert, scheint es außerordentlich wichtig zu sein, daß man die .Kunst nicht in einer formimmanenten, formallogischen Referenzstruktur, sondern als soziales Phänomen und als Sensibilisierungsmittel betrachtet!” (Bis 12. März)

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