Meister aller Klassen

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"Waldmüller - Schiele - Rainer": Die Kunsthalle Krems zeigt Meisterwerke aus 200 Jahren.

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"Waldmüller - Schiele - Rainer": Die Kunsthalle Krems zeigt Meisterwerke aus 200 Jahren.

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Waldmüller-Schiele-Rainer" heißt die aktuelle Ausstellung in der Kunsthalle Krems. Sie zeigt anhand von 220 Werken aus dem reichen, seit dem Gründungsjahr 1904 auf mehrere tausend Exponate angewachsenen Fundus des Niederösterreichischen Landesmuseums eine repräsentative Auswahl österreichischer Kunst vom Biedermeier bis in die Gegenwart. Die prominenten, titelgebenden Namen sind nicht die einzigen, die hier begeistern. Samtig lederne, helle Wittmann-Sessel begrüßen den Besucher im von Architekt Adolf Krischanitz neu gestalteten Eingangsbereich, auf der puritanischen Betonrampe bewegt man sich mit Blick auf lichtüberflutet präsentierte Zeitgenossen zum ersten Raum hin.

Opulente Goldrahmen auf dunkelgrünen Wänden geben den Blick in die wahrscheinlich schon zur Entstehungszeit teils unwirklich idyllische, detailverliebte Welt des Biedermeier frei. Ferdinand Waldmüller taucht den "Abschied von den Eltern" in einer ärmlichen Dachkammer in mildes Sonnenlicht. Dagegen mutet Eduard Ritters "Bauernstube" um einiges derber und realistischer an. Die Bilder geben wieder, was die Gesellschaft bewegte: "Die Ankunft des ersten Zuges der Südbahn in Gloggnitz" von Anton Schiffer bezeugt die Euphorie für die aufkeimende Technik. Ein umkränztes Tor mit Aufschrift "Willkommen" begrüßt den Zug nebst einer bis hin zu balgenden Hunden genau dargestellten feiernden Menge. Eine Entdeckung ist Adalbert Stifters malerisches Talent: seine "Voralpenlandschaft" braucht den Vergleich mit anderen Meistern nicht zu scheuen.

Kühles Blau an den Wänden und Neonröhren an der Decke künden von einer neuen Zeit: die Stimmungsmalerei schwelgt von Josef Engelharts lakonisch in der Abendröte stehenden "Kühen am Wasser" über Olga Wisinger-Florians vom rosigen Himmelsstreif erhellten weißgrauen "Winter" bis hin zu Albin Egger-Lienz' "Hofdame", die gelangweilt den Kopf wegwendet, im reichen Fundus der Gefühlspalette. Einen ganz eigenen, naiv-wahren Reiz verströmt Ferdinand Andris "Salzburger Butterbäuerin", während Emil Jakob Schindlers "Pappelallee nach dem Gewitter" die ausgereifteste Fassung des in seinem Îuvre öfter wiederkehrenden Sujets darstellt.

Egon Schieles Werk überschreitet Zeitgrenzen. Seine "Boote im Hafen von Triest" beeindrucken im Original durch den dicken Farbauftrag und die deutlich sichtbare Gravur der Bleistiftlinien ins ölgemalte Wasser, wogegen die "Sonnenblumen" in ihrer Reduktion auf die Fläche bestechen. Eine Zeichnung der "Alten Häuser in Krumau" fasst mit schlafwandlerischer Sicherheit komplexe Raumstrukturen zusammen, die "Zerfallende Mühle" zeigt die unglaubliche Rasanz der Entwicklung dieses Malergenies. Kreativität und Vielfalt künstlerischer Ausdrucksformen in Secessionismus, Jugendstil, Expressionismus und Zwischenkriegszeit, die sich unter anderem am Werk von Broncia Koller-Pinell, Carl Moll, Oskar Kokoschka oder Herbert Boeckl zeigen, kamen nach 1945 zum Erliegen.

Beeindruckend die "Gugginger Künstler", die in absoluter Reduktion Triebfedern menschlicher Existenz bis ans Mark freilegen. Abschluss bildet der Nahkontakt mit den Zeitgenossen, die schon beim Rampenaufstieg Neugier weckten. Gunter Damisch, Adolf Frohner, Hermann Nitsch oder Arnulf Rainer sind hier vertreten. Jürgen Messensees "Schöne Sitzende" trifft den Nagel auf den Kopf: sie lässt an der Wandlung des Schönheitsbegriffs seit dem Biermeier keinen Zweifel offen.

Bis 1. Oktober

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