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Die Rheinische Sezession in der Wiener Secession

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Im August (bis zum 8. September) ist die Rheinische Sezession (mit „z”) in der Wiener Secession (mit „c”) zu Gast. Es handelt sich dabei um einen Gegenbesuch, denn heuer im Frühjahr hatte die Wiener Secession Werke ihrer Mitglieder in Düsseldorf — wo die Rheinische Sezession zu Hause ist — ausgestellt. Ein solcher Werkaustausch, verbunden mit einem Gedankenaustausch, ist sehr zu begrüßen.

Die Geschichte der Rheinischen Sezession reicht nicht — wie die der Wiener — in die heroische Zeit der Secessionen zu Ende des vergangenen Jahrhunderts zurück. Sie entstand erst 1928 aus dem Zusammenschluß zweier kleinerer Künstlervereinigungen. In ihrer großen Zeit, die 1936 mit ihrer gewaltsamen Auflösung endete, gehörten ihr Künstler wie Max Ernst, Paul Klee, Heinrich Nauen, Heinrich Campendonk, Werner Gilles und andere an. 1946 wurde sie neu begründet.

Gezeigt werden in Wien 206 Bilder und Plastiken von insgesamt 57 Künstlern. Fünf junge Künstler aus der „Gruppe 53”, Düsseldorf, haben sich — überflüssigerweise — mit elf Bildern als Gäste angeschlossen.

Die ausstellenden Künstler kann man in drei Kategorien einteilen: in die, die einen berühmten Namen haben; in die, die nicht mehr wollen, als sie können, und dadurch sympathisch berühren; und in die übrigen.

Zu den Künstlern mit berühmten Namen können wir rechnen: Otto Dix, Gerhard Mareks, Otto Pankok, Max Peiffer-Watenpfuhl, Friedrich Vordem- berge-Gildewart. Wenn auch die Arbeiten von ihnen, die hier gezeigt werden, durchaus Geschmack und Kultur verraten, scheinen es doch mehr oder weniger Gelegenheitswerke zu sein. Keiner von ihnen ist wirklich glücklich vertreten, so daß es zu keiner echten Begegnung und Auseinandersetzung mit ihrem Werk kommen kann.

Zu den Künstlern, die das anstreben, was im Bereich ihrer Möglichkeiten liegt, und die solides handwerkliches Können mit Charme zu paaren wissen, gehören: Heide Dobberkau aus Köln (geb. 1929), die fünf reizvolle Bronzen zeigt, alle aus sicherem plastischem Empfinden gestaltet; ihr „Musikus” und „Mensch und Pferd” gefallen besonders. Dann Maria Fuß aus Düsseldorf (geb. 1907). Sie ist mit sechs Bronzen, vor allem Tierplastiken, sehr gut vertreten.

Theodor Hamers aus Dormagen (geb. 1891) zeigt eine offenbar von der Eskimokunst inspirierte „Holzsammlerin” aus Kunststein. Fritz Huhnen aus Krefeld (geb. 1895) stellt fünf mit großer Akribie gezeichnete (und kolorierte) Blätter aus, die traumhaft-dämmerige Themen haben. Ganz ausgezeichnet sind die Plastiken von Clemens Pasch aus Düsseldorf (geb. 1910), kleine stehende Bronzefiguren von bezwingender Gelöstheit und bestrickender Anmut. Hans Schröers aus Düsseldorf (geb. 1903) hat in seinen Oelbildern „Möwen” und „Alter Hahn” gewiß die in ihrer Einfachheit ansprechendsten Bilder der Schau beigesteuert; Bilder, die man sich gern in eine Leseecke hängen würde. Hermann Teuber aus Berlin (geb. 1894) ist in seiner „Quadrille” und der „Insel Pellworn” bedeutend besser als dort, wq er — ein altes Leiden der Deutschen! — zu „metaphysisch” wird („Bal makabre”, Oel): nämlich wirklich gut.

Bleiben die übrigen Künstler. Wozu Namen nennen? Rasch genug werden sie vergessen sein. Hier soll nur vermerkt werden, daß einige Bildhauerarbeiten, wie die von Jaekel und Zimmermann, einfach grotesk-lächerlich sind. Sie sind wohl nur aus Irrtum mit nach Wien geschickt worden.

Zu den übrigen Künstlern gehören auch die von der „Gruppe 53”. Als Tachisten sind sie Halbstarke: sie treten nur in Rudeln auf. Substanzlosigkeit mit Spontaneität dürftig verdeckend, haben sie etliches Oel auf die Leinwand getropft und gespritzt. Auch wenn man geschworener Feind von Wortspielen ist, dieses drängt sich von selbst auf: Tachismus ist Tachinismus.

Wenn schon Tachismus, dann seine Wiener Spielart! Die ist bedeutend besser.

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