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Grenzunterschreitung

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Wenn Renė Fülöp-Miller in seinem Buch „Die Phantasiemaschine" dem Filmhumor die einzige bisher nachweisbare schöpferische Leistung von Dauer in der Geschichte des Films zuweist, so dachte er an die Großen der angloamerikanischen Pantomime, allenfalls noch an das seinerzeit; berühmte Komikerpaar Pat und Patachon. An das Lustspiel unserer Tage bestimmt nicht. Die Not der Zeit und das Zündholzspiel des Films mit immer neuen technischen Sensationen haben uns, scheint’s, den Humor ausgetrieben. Wie über den Stories von Cannes diesmal etwas Drückendes, Schattiges lag, liegt über einer richtigen Lustspielwoche des Wiener Programms etwas Quälendes, Verkrampftes, bisweilen Beschämendes.

Hinter der glitzernden Fassade frivoler Konfliktschürzungen können die Franzosen noch am ehesten die Krise verbergen.„Paris, Palace-Hotel“ lebt von solcher Pikanterie — und vom diskreten, „graumelierten Humor" seines „anderen Chevalier“: Charles Boyer.

Schlimmer steht es in Deutschland, wo baju- warische Robustheit („H eiraten verboten") und urpreußischer Kommißulk („M a n ö v e r b a 11“) in edlem Wettstreit liegen, die Unterstgrenze zu unterschreiten.

Nun sollte man meinen, das Wienerische, das Oesterreichische, das Heitere und Graziöse in ihm,

sei hier der naturgegebene Hinausreißer. Mit dieser Hoffnung tanzt und geigt man sich in die Abteilung Oesterreich dieser heiteren Woche — und erlebt eine grimmige Enttäuschung. Sicherlich war Kadelburgs „Familie S c h i m e k“ schon zu seiner Zeit keine „Minna von Barnhelm“. In dieser neuen, trostlosen Filmfassung aber ist sie eine Kulturschande: Fressen und Flegeln allein ist weder witzig noch österreichisch noch filmisch. Man weiß aus dem Usus des Metiers, wie auch Darsteller von Rang in solche trüben Possen hineinschlittem können, trotzdem muß ihnen, zum tausendsten Male, wieder einmal nach drücklich vorgehalten werden, daß sie bei solchen Seitensprüngen nichts zu gewinnen, aber alles zu verlieren haben.

Roman Herle

F i 1 m s c h a u (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Oesterreich), Nr. 21, vom 25. Mai 1957: III (Für Erwachsene und reifere Jugend): „Die Furchtlosen", „Der König und ich“, „Sheriff ohne Furcht und Tadel" — IV (Für Erwachsene): „El Cerco — Verrucht und verdammt“, „Frauen und Wölfe", „Die Hölle ist in mir", „Jenseits Mombasa“, „Um jeden Preis“ — IV a (Für Erwachsene mit Vorbehalt): „Im Sumpf von Paris", „I Vitelloni“ — IV b (Für Erwachsene mit ernstem Vorbehalt): „Das Bad auf der Tenne".

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