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Die Mauer

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Ein Pfahl im Heische eines Volkes, im Herzen von Millionen Menschen, das ist die graue Betonmauer quer durch Berlin, die zwei Welten trennt, Familien zerreißt und gleichzeitig ein Terrorsystem in seiner ganzen Brutalität und seinem ganzen Versagen entlarvt. Auf abenteuerliche Weise versuchen tausende von Menschen immer wieder diese schändliche Barriere zu durchbrechen, oft unter Einsatz des Lebens, und unsere gnadenlose Zeit schreibt an dieser Mauer Schicksale, die dramatischer kaum ersonnen werden können. Es war zu erwarten, daß clevere Filmproduzenten sich diese dramatische Wirklichkeit zunutze machen und über die Ereignisse an der Mauer von Berlin Filme drehen. Der deutsch-amerikanische Streifen „Tunnel 28“ geht auf eine wahre Begebenheit zurück und erzählt von der Flucht von 28 Ostberlinern durch einen Tunnel unter der Mauer nach Westberlin. Sicher wird dieser Film breiteren Massen im Westen die Existenz dieser Schandmauer wieder erneut ins Gedächtnis rufen, zumal die satten und herzensträgen Bürger des Westens nur zu gerne unbequeme, das Gewissen aufstörende Tatsachen von sich schieben. Doch die eigentlichen Hintergründe dieser erschütternden srEatsachen' -wrden nur flüchtig gestic' ft oder, mit allgemeinen Phrasen abgetan, wodurch auch die stärkeren Szenen in ihrer Kraft geschwächt werden. Neben der routinehaften Glätte des ganzen Spannungsfilms wirkt auch die deutliche Anspielung, daß für viele Menschen nicht die Freiheit an sich das Fluchtmotiv bedeutet, sondern auch die Aussicht, am höheren Lebensstandard des Westens teilnehmen zu können. Über Gewissens- und Weltanschauungsfragen weiß der Film herzlich wenig auszusagen. Wie unvergleichlich tiefer verfuhr da der seinerzeitige Film „Frage 7“. Einzig die tristen Verhältnisse im Ostsektor, das beängstigende Mißtrauen aller und die Furcht vor dem allgegenwärtigen Spitzel vermitteln ein paar hestürzende Eindrücke. Ansonsten ein Spannungsfilm, der den brennenden Fragen weitgehend ausweicht.

Aus Frankreich kommt ein bezaubernder Film mit lean Gabin und dem arrivierten Jean-Paul Belmondo. „Ein Affe im Winter“ ist eine besinnlich-heitere Geschichte voll Poesie und von hoher Schauspielkunst. Trotz mancher turbulenter Zutaten wird auch eine leise Melancholie spürbar und das verstehende und verzeihende Lächeln über den heimlichen Drang des Menschen, wenigstens in seiner Illusion jene Vollkommenheit zu erreichen, die ihm in der nüchternen Wirklichkeit nie gelingt. Es sind Femwehträume, die nun in einem normannischen Hafenstädtchen in die Wirklichkeit umgesetzt werden. Ein liebenswerter Streifen mit prachtvollen Tvoen, deren kleine Schwächen und kleine Qualitäten richtig bezaubern und diese skurril — vergnügliche Geschichte zu einem erlesenen Genuß werden lassen.

F i I m s c h a u (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Österreich): II (Für alle): „Der General““ - IIa (Für alle; für Kinder gewisse Vorbehalte): „Flying Clipper“ — III (Für Erwachsene und reifere Jugend): „Sturm über Washington“ , „Hatari“, „Die lustige Witwe“ — IV (Für Erwachsene): „Asche und Diamant“, „Taras Bulba“. „Der Vogelhändler“; „Zwei Wochen in einer anderen Stadt“, „Ein Hauch von Nerz“.

= sehenswert.

Film schau (Gutachten der Katholischen Filmkommission). Nächste Woche: II a (Für alle; für Kinder gewisse Vorbehalte): „Herkules gegen Odysseus“ — III (Für Erwachsene und reifere Jugend); „Tunnel 28“ - IV (Für Erwachsene): „Geheimdienst im Dschungel“, „Die Bande des Captain Gegg“ — IV b (Für Erwachsene mit ernstem Vorbehalt): „Die Hartgesottenen“ — V (Abzuraten): „Eucht vor dem Schafott“.

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