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Es war einmal im Jahre 84

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Schaurig schien vor einem Jahrzehnt die Phantasie des Dichters (George Orwell), als er den utopischen Roman „1 9 8 4“ der Welt ins Hirn brannte; schauriger aber hat die Welt seither (zum Teil schon vorher) „gedichtet“ und große Brüder, Nachrichtenfälscher, Hirnwäscher und Ausgewaschene und niedliche Denunziantinnen des eigenen Vaters am laufenden Bande produziert. Die amerikanische Ueber- tragung ins Filmische ist, trotz schwachen Punkten in der Besetzung, eindrucksvoll, sauber und gekonnt. Es gab zwei Wege, noch darüber hinaus Einmaliges, Unvergängliches zu schaffen: entweder im Stile des deutschen „architektonischen“ Expressionismus der zwanziger Jahre neue innere und äußere Räume aufzureißen oder mit Cocteaus „Orpheismus“ ins magische Reich der lebenden Toten vorzustoßen. Beides liegt den Amerikanern nicht, wie auch ihre Taschenausgabe von „1984“, der Mac Carthysmus, nur eine lendenlahme Kopierung nachbarlicher Wirklichkeiten war. Vielleicht aber wären beide Experimente gescheitert. Das solide Nicht-Experiment von Hollywood hat jedenfalls Charakter und Haltung. Es ist verzweifelt bemüht, zu verhindern, daß das Leben an dieser grausigen Story weiterstümpert.

Das „Marty“-Team hat in der „Junggesellenparty“ weiter agiert, aber nicht mehr die alte Leuchtkraft erreicht; trotzdem eine gewichtige Visitenkarte seines Neo-Realismus. Daneben schneidet Hollywood nach wie vor Scheibe um Scheibe vom historischen Schinken — Schlächter ist diesmal Dieterle im „Sturm über Persie n". Ein Dokumentarspielfilm mit und über „Louis Armstrong" könnte temperamentvoller sein.

Deutsch, sauber, ehrlich bemüht, der Heimat- Schablone zu entrinnen, ist „D e r Bauer vom B r u c k n e r h o f". Deutsch, schmutzig, tief in der Schablone der „Sünderinnen“ steckt der undiskutable Rabenalt-Film „Für zwei Groschen Zärtlichkeit“.

„Von großen und kleinen Störchen" erzählt die bekannte Wiener Kulturfilmerin Dr. Ann H. Matzner, gut beraten von dem Rüster Schulmann Stephan Aumüller. Fünf Monate lang, von Josephi bis Mitte August, belauerte die Kamera über den Dächern des burgenländischen Städtchens das Leben und Treiben eines Storchenpaares und seines „Quartetts“. Das Ergebnis ist großartig; ein seriöser, naturbelassener, wertvoller Kulturfilm, der über sein engeres Thema hinaus noch ein gutes Stück vom Zauber unseres Burgenlandes erwischt hat.

Mit sparsamen Spielfilmzügen hat der russische abendfüllende Film „Der graue Räuber“ Leben und Tod eines Wolfes ausgestattet und damit einen farbigen, aufregenden Beitrag zu einem grausamen Kapitel der. Tierkunde geliefert. Fast wären der Grausamkeiten zu viele ins Bild gerutscht.

Film sch au (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Oesterreich), Nr. 48 vom 30. November 1957: III (Für Erwachsene und reifere Jugend): „Auf der Spur der weißen Götter", „Der Bauer vom Brucknerhof“, „Es wird alles wieder gut", „Louis Armstrong“, „Sheriff Brown greift ein“. — IV (Für Erwachsene): „Der König der Bernina“, „1984“, „Die Ratten von Chikago“, „Rendezvous in Rom“, „Eine Stadt steht vor Gericht", „Und führe uns nicht in Versuchung“. — IV a (Für Erwachsene mit Vorbehalt): „Am Rande der Unterwelt“, „Die Angst hat tausend Namen“. — IV b (Für Erwachsene mit ernstem Vorbehalt): „Frau für eine Nacht",

„Luzifers Tochter“. - V (Abzuraten): „Liebe einer Sommernacht", „Mitsou und ihre Männer“.

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