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Mozart in Argentinien
Die späte Einführung der Musikwerke Mozarts in Argentinien ist auf die Tatsache zurückzuführen, daß Argentinien bis vor wenigen Jahrzehnten fast ausschließlich von Italien und Frankreich kultureile Anregungen geholt bzw. erhalten hat. Da auch in Europa der Musik Mozarts in den romanischen Ländern erst spät ein rechtes Verständnis entgegengebracht wurde, so hat sie in Argentinien noch später Boden fassen können.
Vom Jahre 1827, als eine italienische Stagione „Don Giovanni“ in Buenos Aires aufführte, bis zur Gegenwart hat sich vieles geändert: die Ende 1955, also am Vorabend des Mozart-Jubiläumsjahres vom Verband der Musikkritiker in Buenos Aires veranstaltete Umfrage bestätigte Mozart als den beliebtesten klassischen Komponisten beim Konzertpublikum der argentinischen Bundeshauptstadt. (Beethoven rangierte in den Ergebnissen erst an zweiter Stelle!)
— Auch die Tatsache, daß das neue Gebäude des Colön-Theaters mit der Aufführung von „Don Giovanni“ eröffnet wurde, konnte trotz der glänzenden Besetzung mit Titta Ruffo in der Titelrolle und mit Feodor Schaljapin als Leporello den Werken Mozarts den Weg nicht so richtig ebnen.
— Mühsam bahnten sich die übrigen Opernwerke Mozarts den Weg auf die Bretter des Colon: „Figaros Hochzeit“ wurde erst 1923 erstmalig aufgeführt. Erst als Fritz Busch und später Erich Kleiber am Colön-Theater wirkten, gingen „Cosi fan tutte“ (1934), die „Entführung aus dem Serail“ (1938) und die „Zauberflöte“ (1941) über die Bretter der ersten argentinischen Opernbühne.
Das Mozart-Jahr 1941 (anläßlich seines 150. Todestages) wurde in Buenos Aires würdig begangen. Außer der erwähnten Aufführung der „Zauberflöte“ wurden „Figaros Hochzeit“ und die „Entführung“ (beide unter Kleiber) wiederaufgeführt. — Das Mozartsche Opernrepertoire in Buenos Aires ist hiermit erschöpft. Die Jugendwerke des Meisters „Titus“ und „Idomeneo“ sowie „Bastien und Ba-stienne“ oder der „Schauspieldirektor“ blieben bis heute dem bonarenser Publikum noch vorenthalten.
— Ebenso bahnten Busch und Kleiber den symphonischen Werken Mozarts den Weg. Sein „Requiem“ war 192? zum ersten Male hier zu hören. Langsam folgten dann andere Werke, bis der Bann schließlich gebrochen wurde.
Der Gründung des „Mozarteums Argentino“ in Buenos Aires im Jahre 1952 folgten weitere Gründungen in Mendoza, Tucuman, San Luis und San Rafael. Das diesjährige Jubiläum Mozarts wurde eingeleitet durch eine vom „Mozarteum“ angeregte Seelenmesse für den Salzburger Meister in der Basilika San Nicolas de Bari, wo sich ein zahlreiches Publikum eingefunden hatte. In dem 7000 Personen fassenden städtischen Amphitheater (der Freilichtbühne Colons in der Sommersaison) fand am zweihundertsten Geburtstag Mozarts ein Konzert statt, eingeleitet durch die Es-dur-Symphonie (K. V. 543), worauf unter Mitwirkung von Solisten des Colön-Theaters und dessen Chores das „Requiem“ aufgeführt wurde. — In der Pause zwischen diesen beiden Werken wurde dem Publikum, das diese Freilichtbühne bis zum letzten Platz besetzt hatte, mitgeteilt, daß Erich Kleiber, dieser große Förderer des Mozart-Werkes in Argentinien, gestorben ist. Somit sind die Pläne des ColönTheaters, dessen kommissarischer Leiter Cirilo Grassi-Diaz bereits Kleiber für die deutsche Spielzeit, die Mozart gewidmet werden sollte, verpflichtet hatte, zunichte geworden. Wie der Genannte mitgeteilt hatte, waren unter der Stabführung Kleibers „Don Giovanni“ und „Figaros Hochzeit“ zur Wiederaufführung vorgesehen. Nun begibt sich Grassi-Diaz persönlich nach Europa, um nicht nur, wie ursprünglich vorgesehen, die entsprechenden Solisten für diese Opern zu engagieren, sondern auch einen Ersatz für Kleiber zu suchen. Auch Wien liegt im Reiseplan des Colön-lntendanten und er hofft, das Mozart-Jahr im Colon trotz des Todes Kleibers doch würdig gestalten zu können, obwohl zeitliche und andere Hindernisse zu überbrücken sind. Argentinische Mozart-Freunde hoffen, daß die Wahl, wenigstens zum Teil, auch auf Wiener Künstler fallen wird. Das unter dem Ehrenpräsidium deä Bürgermeisters von Buenos Aires, Arch. Miguel E. Madero. und des österreichischen Geschäftsträgers, Franz Baron von Schlechta. stehende Festkomitee für das Mozart-Jahr ist bemüht, auch außerhalb der Colon-Veranstaltungen durch eine Reihe von Konzerten des Salzburger Meisters zu gedenken.
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