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Gäste aus Wien in Buenos Aires

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Die deutsche Opernspielzeit im Colön-Thea-t e r von Buenos Aires stand, wie vorgesehen war, im Zeichen der Abschlußfeiern des Mozart-Jubiläumsjahres. Dem in der argentinischen Bundeshauptstadt für die Mozart-Pflege überaus verdienten Erich Kleiber war es nicht beschieden, diese deutsche Spielzeit zu leiten, obwohl er noch an der Vorbereitung des Repertoirs und der Auswahl der mitwirkenden Künstler maßgebend mitbeteiligt war. An Kleibers Stelle trat der Generalmusikdirektor der Stuttgarter Staatsoper, Ferdinand L e i t n e r, der sich seiner Aufgabe mit dem ihm schon seit längerer Zeit vorausgeeilten künstlerischen Ruf würdig entledigte. — Eingeleitet wurde die deutsche Opernspielzeit durch Richard Strauss' „Rosenkavalier“. Bei der Wahl der Mozart-Werke war für „Don Giovanni“ das Mißgeschick maßgebend, das dieses Meisterwerk durch dessen in jeder Beziehung verfehlte Aufführung im lahre 1954 ereilte: um den Bann, der über dieser Schöpfung Mozarts lag, zu brechen. Als zweites Werk Mozarts hörte und sah man „Figaros Hochzeit“. So wurde die „deutsche Saison“ zu zwei Drittel italienisch gesungen. — Emmy Loose von der Wiener Staatsoper hat als Sophie im „Rosenkavalier“ ihr Debüt ausgezeichnet bestanden und steigerte in „Don Giovanni“ als Zerline ihre Leistung, die in „Figaros Hochzeit“, wo sie die Rolle der Susanne verkörperte, ihren Höhepunkt erreichte.

Bei George London, sowohl in der Hauptrolle im „Don Giovanni“ als auch in der Rolle des Grafen Almaviva in „Figaros Hochzeit“, bemerkte man die beste Mozart-Schule der Wiener Staatsoper; seine Leistung war in Gesang und Darstellung vollkommen.

Da Gelingen der deutschen Opernspielzeit ist — neben der Leistung Ferdinand Leitners — insbesondere dem Oberregisseur der Wiener Staatsoper, Josef G i e 1 e n zu verdanken, der den „Rosenkavalier“ und „Don Giovanni“ in Szene setzte und zur Rehabilitierung des Letzteren auf der Colön-Bühne wesentlich beitrug. „Figaros Hochzeit“ inszenierte Dr. Otto E r h a r d t, der schon lange Jahre im „Colon“ wirkende deutsche Regisseur.

Wollte man das Gastspiel des Ensembles des „Theaters in der Josefstadt“ in Buenos Aires, das unter der Leitung seines Direktors Franz S t o s s und in der Veranstaltung der „Deutschen Bühne“ von Buenos Aires stattgefunden hatte, an den ausverkauften Sälen (deren Wahl gerade nicht die glücklichste war) und an dem Kassenerfolg, den Einladungen und Ehrungen, deren die Wiener Schauspieler teilwurden, allein beurteilen, so war das Gastspiel ein voller Erfolg. Die Besucher haben für ihr Geld — die Eintrittspreise waren nicht gerade bescheiden — allerdings viel zu hören und zu sehen bekommen. Das Auswandererleben ist zu oft so trübe, daß man sich nach gutem Humor sehnt. Das Programm'des Gastspiels scheint nur diesem Bedarf des Publikums Rechnung getragen zu haben. Die drei Lustspiele, „Die liebe Familie“ von Felicity Douglas (Regie Hans Jaray), „Ein idealer Gatte“ von Oskar Wilde (Regie Herbert Kreppl) und „Rendezvous in Wien“ von Fritz Eckhart (Regie Werner Kraut) waren dazu angetan, auch den in Weltschmerzstimmung versetzten Auswanderer für einige Stunden emporzuheben. — An der Leitung des Gastensembles, der Regie und dem Zusammenspiel der Mitwirkenden konnte man die gute Tradition dei Max-Reinhardt-Bühne fühlen. Gegen diese Tradition sprach die Auswahl der aufgeführten Stücke. Weder Douglas noch Wilde können als geeignet angesprochen werden, den Ruhm des österreichischen Theaters in die ferne Uebersee zu tragen; das „Rendezvous in Wien“ mag eine gelungene Persiflage der Wiener Nachkriegszustände sein, aber auch dieser Dreiakter kann kaum als würdiger Repräsentant des österreichischen Dramas gewertet werden. Eine geschicktere Auswahl aus dem keineswegs kleinen Reichtum älterer und neuerer österreichischer Bühnenwerke hätte der Affirmierung des österreichischen Dramas mehr gedient.

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