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Dramatische Geschichte

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Dem Kinobesucher ist eine gigantische Anzahl von belichteten Filmkilometern bekannt, die von den sehr lückenhaften Geschichtskenntnissen der Filmhersteller Zeugnis geben. Italien und auch Amerika sind hier führend, und die historischen Epochen sind fast vollständig vertreten, soweit sie einigermaßen photogen verwertbar erscheinen, von grauer Vorzeit über biblische Jahrhunderte und Antike, Germanenwanderungen und Ritterdramatik bis zum Mittelalter und weiter hinauf bis Napoleon, wenn man die Sezessionskriege und die letzten beiden Weltkriege ausklammert. Meist begegnen uns haarsträubend dumme, schablonenhafte Schilderungen von geschichtlichen Ereignissen, die lediglich dazu dienen mußten, um aufwendige Dekorationen und Staatsaktionen von kindischer Primitivität auf die Leinwand zu bannen. Nun befaßte sich ein britisches Team mit einer historischen Episode, die in ihrer geballten Dramatik nicht nur dem Film gab, was des Filmes ist, sondern auch der Geschichte ihren Tribut zollte. „Khartoum“ wurde 1881 von den fanatischen Truppen des Mahdi erobert, wobei der legendäre englische General Charles Gordon, der sich der er- drückenen Übermacht des Islams entgegenstellt, schließlich fällt. In diesem Film werden sowohl die politischen wie auch die menschlichen Hintergründe dieser verwirrenden Ereignisse aufgehellt. Auf der einen Seite der Führer des Islams, jener Mahdi, der das Land mit Gewalt befreien will, und auf der anderen Gordon, der erkennt, daß hier nicht ein lokaler Kolonialkrieg entschieden wird, sondern eine wichtige Position verteidigt werden muß. Zwei so gewichtige Schauspieler wie Charlton Heston als sendungsbewußter eigenwilliger Gordon und Laurence Olivier als fanatischer Kämpfer des Propheten Mohammed stehen sich gegenüber. Geschichte wird immer mit Blut geschrieben, mit dem Blut unzähliger namenloser Menschen, die in die Schlacht geschickt und geopfert werden, angeblich um einer höheren Idee willen. Der Regisseur Basil Dearden verarbeitet diesen Stoff mit viel Aufwand, aber auch mit Geschick und künstlerischer Eleganz. Die Dramatik dieses historischen Ereignisses vermag vom Anfang bis zum Schluß zu fesseln. Zu dem entscheidenden Problem vom letzten persönlichen Einsatz bis zur Selbstaufopferung wird jeder Besucher in Gedanken individuell Stellung nehmen.

Abgründe fernöstlicher Leidenschaftlichkeit reißt der japanische Film „Onibaba — Die Täterinnen“ auf. Sollte hier in exzessiver Weise gegen die Entmenschlichung durch den Krieg Stellung genommen werden, so deformiert der Film sein Anliegen immer mehr zu einem abwegigen Sexspektakel, das nur noch schockieren will, und zwar gründlich. Da kämpfen zwei Frauen, junge Soldatenfrau und Schwiegermutter, um einen Deserteur, der in diese Schilfgegend verschlagen wird, mit allem ausgeklügelten Raffinement und aller Brutalität, deren nur hemmungslose Frauen fähig sind. Mögen auch einige Szenen künstlerisches Bemühen verraten, im ganzen muß diese abstoßende Orgie, die sich über alle menschlichen und sittlichen Werte und Grenzen hinwegsetzt, anwidern.

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