6929284-1982_23_03.jpg
Digital In Arbeit

Anstoßgeber oder Transporteure?

Werbung
Werbung
Werbung

Parteipresse ringt um Leben und Selbstverständnis

Langjährige, ständig steigende Defizite in Millionenhöhe, dazu der Konjunktureinbruch im Anzeigensektor sowie ganz allgemein eine permanente Krise im Selbstverständnis von Parteijournalisten haben die Parteinahe— und Parteiabhängige Presse Österreichs an den Rand des Ruins getrieben.

So kämpft der vor einiger Zeit in den Geschäftsführer-Stuhl gehievte Ex-Juso Albrecht K. Ko-necny scheinbar aussichtslos um die Senkung des mehr als 30 Millionen Schilling großen Defizites des Zentralorgans der SPO, der .Arbeiter-Zeitung”.

Noch schlimmer steht es um das Parteiblatt der oberösterreichischen Sozialisten, das „Tagblatt”: letzt erwirtschafteten die sozialistischen Zeitungsverleger ob der Enns ein Jahresdefizit von rund 20 Millionen Schilling. Daraufhin wurde sogar die Einstellung des „Tagblattes” kolportiert.

Zuvor schon gab es ein Angebot der oberösterreichischen SP-Spitze an VP-Landesparteiob-mann Josef Ratzenböck, angesichts der tristen finanziellen Situation sowohl von „Tagblatt” als auch seines schwarzen Pendants, des Linzer „Volksblattes”, in einer konzertierten Aktion gleich beide Blätter sterben zu lassen.

Das jährliche Defizit des „Volksblattes” von gleichfalls satten 20 Millionen Schilling hat offenbar die Geduld und die finanzielle Kraft der oberösterreichischen Volkspartei bereits über Gebühr strapaziert.

Zudem sagt man Parteiobmann Ratzenböck nach, er habe die Lust am „Volksblatt” nicht zuletzt auch deshalb verloren, weil er ohnehin über eine enge, auch familiäre Verbindung zu den konkurrierenden „Oberösterreichischen Nachrichten” verfügt.

Dennoch gab sich Landeshauptmann Ratzenböck bei den

„Linzer Mediengesprächen” von der Notwendigkeit der Parteizeitungen überzeugt: „Wir brauchen auch die Parteizeitungen.” Um dann zu fragen: „Wer sonst sollte das reine Evangelium verkünden?”

Ratzenböck dankte den Zeitungen als den „Transporteuren” dessen, was Politiker sagen und tun, „auch wenn die Transportgüter manchmal beschädigt am Ziel ankommen.”

Aber genau daran sterben ja die Parteizeitungen: daß die Parteihäuptlinge von ihnen nur einen „Transport” von der Parteispitze zu den Wählern erwarten und gar nicht auf die Idee kommen, daß von dort auch Wertvolles zurücktransportiert werden könnte...

Oder wie es der Chefredakteur des „Volksblattes”, Peter Klar, formuliert: „Zwischen der Parteispitze und den Parteijournalisten gibt es — gerade in der Volkspartei - ein ausgeprägtes Herren-Sklaven-Verhältnis.”

„Volksblatf-Macher Klar zählt auch zu jener Gruppe von VP-Politikern- und Journalisten, die seit Jahren auf die Neugründung einer überregionalen VP-Tageszeitung hinarbeitet. War das ominöse „Projekt X” im Herbst 1981 schon startbereit, so schien der Plan nach den bekannten Vorfällen um Walter Zimper und Ernst Rauchwarter endgültig verworfen worden zu sein.

Nunmehr hat das Generalsekretariat einen neuen, wohl letzten Versuch unternommen, unter Ausschaltung der Gruppe rund um Zimper noch vor den Nationalratswahlen eine solche überregionale Tageszeitung der Volkspartei auf die Beine zu stellen. Scheitern wird dieser allerletzte Versuch dann, wenn es nicht auch gelingt, das Verhältnis zwischen Politikern und Journalisten in eine Richtung zu verändern, die der neue Chefredakteur der steiri-schen „Süd-Ost Tagespost”, Gerfried Spare, als Rezept für den beachtlichen Aufschwung seiner Zeitung so beschreibt: „Intimität mit Abstand.”

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung