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Kreml, Albanien, Vatikan und Haider

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In Österreich herrscht eine Mischung aus „Kreml, Vatikan und albanischer Weltoffenheit”, ätzte Jörg Haider am Montag der Vorwoche, womit er wohl die besondere Wertschätzung bekunden wollte, die er Moskau, Rom und Tirana entgegenbringt. Zufallig vier Tage später pilgerte er jedenfalls nach Rom und wurde mit Familie und Anhang von Papst Johannes Paul II. in Privataudienz empfangen, um die für den FPÖ-Ob-mann bereits im Vorjahr ersucht worden ist. Warum auch nicht: für die Kirche dürfen Parteibücher keine Rolle spielen.

Daß Haider dort dem Papst bei der Beschreibung der österreichischen Situation sein Kreml-Vatikan-Albanien-Horrorszenario ausgedeutscht hat, darf allerdings eher als unwahrscheinlich gelten. Was ge- und besprochen wurde, konnte man nur aus Haiders Mund selbst erfahren. So auch, daß er dem Papst versichert habe, „eigentlich ist die österreichische Kirche in ganz guten Händen”. Vielleicht auf eine besorgte Papst-Anfrage hin, weil der FP-Ob-mann ja im Vorsommer gemeint hat, „das Bodenpersonal” Gottes sei hierzulande nicht immer so ganz in Ordnung.

Haider, den seine Junggardisten parteiintern wenig ehrfürchtig „Gottvater” nennen - „Wir wissen natürlich, daß er es nicht wirklich ist” (Meischberger) -hat nach der Rückkehr aus Rom seiner Partei ein neues Verhältais zur Kirche vorgegeben: „Die FPÖ ist aus einer kühlen Distanz zur Kirche in eine wohlwollende, freundliche Nähe gerückt.”

„Kühle Distanz” ist vielleicht sogar untertrieben. Niemand anderer als Andreas Mölzer verweist in diesem Zusammenhang auf Georg Ritter von Schönerer und seine „Los-von-Rom-Bewegung”, auf „die alten Spannungen zwischen nationalfreiheitlichen und klerikalen Eliten” und auf die „prinzipiellen Differenzen zwischen dem aufklärerischen Freisinn des Dritten Lagers und den katholischen Dogmen”. Gar wohl ist dem Haider-Vordenker dabei nicht: „Historisch gesehen und wohl auch dogmengeschichtlich mag es nun sehr seltsam erscheinen, daß Nationalliberale und hochkonservativ-katholische Kreise gegenwärtig im selben Boot sitzen.” Das Boot ist für Mölzer da der neue „Kulturkampf, den gedanken-und sprach verwandt auch Engelmann, Dieman, Romig und Knittel kämpfen.

Hat es Haider anders gemeint? Dann bestünde tatsächlich die Hoffnung, einmal eine vernünftige Gesprächsbasis zwischen Kirche und FPÖ zu finden, ein Kontakt, der bisher über Anläufe nicht wirklich hinausgekommen ist. Nachdem der „Vatikan” offensichtlich nun seinen Schrecken verloren hat.

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