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Notausgang wurde Sackgasse

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Italiens Kommunisten haben der Regierung Andreotti die parlamentarische Unterstützung entzogen. Andreotti mußte die Konsequenzen ziehen und trat zurück.

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Italiens Kommunisten haben der Regierung Andreotti die parlamentarische Unterstützung entzogen. Andreotti mußte die Konsequenzen ziehen und trat zurück.

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Von Monat zu Monat war der KP Italiens ihr Schwebezustand - seit zehn Monaten weder in der Opposition noch in der Regierung - schwerer erträglich geworden, zumal sie vor ihrem Parteikongreß im März eine Erfolgsbilanz vorlegen muß. Die Democrazia Cristiana (DC) hingegen und ihr geschickter Regierungschef Andreotti fühlten sich immer mehr im Aufwind: Es gelang ihnen, die Wirtschaftskrise zu mildern und ein Dreijahresprogramm zu entwerfen, das -vor allem dank des Stillhaltens der Kommunisten - nur auf mäßigen Widerstand der Linken stieß.

Das Programm sieht eine Wachstumsrate von vier Prozent vor, eine Senkung der Inflationsrate von 12 auf siebeneinhalb Prozent und über eine halbe Million neue Arbeitsplätze im Süden - um den Preis eines Einfrierens der Reallöhne und einer rigoroseren Steuerpolitik.

Zwei Tage bevor Andreotti diesen Plan seines Finanzministers dem Parlament zur endgültigen Billigung übermittelte, erhöhten die Kommunisten den Preis: „Wer sich einbildet, die KPI als Ersatzreifen benutzen zu können, um ihn durchzureiben“, der irre sich, hieß es am 14. Jänner in einem Grundsatzartikel der Unitä. Die DC entferne sich immer mehr vom Konzept ihres ermordeten Aldo Moro, der eine direkte Regierungsbeteiligung der KPI zwar für „noch nicht“ möglich gehalten, dies aber nur als „vorübergehende Opportunität“ betrachtet habe.

Dazu meinte Andreotti philosophisch beschwichtigend: „Alles in der Politik ist vorübergehend.“ DC-Präsident Zaccanini hatte freilich -als Gast Präsident Carters in Washington - keinen Zweifel gelassen, daß er die Kommunisten, ehe sie sich nicht weiter als bisher vom Marxismus-Leninismus entfernen, nicht in die Regierung lassen, freilich auch nicht ins oppositionelle Getto zurückstoßen will und kann.

„Wir müssen mit den Kommunisten koexistieren, uns mit ihnen messen. Als Alternative gibt es, wenigstens für jetzt, nur den Frontalzu-

sammenstoß zwischen uns auf der einen Seite und der KPI mit fast der ganzen Linken auf der anderen Seite - er würde ohne Sieger enden.“ Auch die Kommunisten wissen das, glaubten jedoch, sich nicht mehr länger „der Logik des kleineren Übels“ beugen zu können. Ihr „dritter Weg“ riskierte, vom Notausgang zur Sackgasse zu werden.

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