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Papier oder Plastik?

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Die Rezepte der Grünen aller Lager zur Behebung der von der modernen Industriegesellschaft verursachten Umweltschäden sind meist verblüffend einfach und einleuchtend zugleich:

Man nehme Papier statt Plastik, um den Supermarkteinkauf nach Hause zu transportieren. Wenn die Transportkapazität des tunlichst in Lila gehaltenen Waffenrades nicht ausreicht und notgedrungen das Auto benutzt werden muß, dann selbstverständlich ein abgasloses Elektroauto und nicht etwa ein stinkendes Benzin- oder Dieselfahrzeug.

Wie sich jetzt leider immer häufiger zeigt, sind diese einfachen Rezepte eben oft doch zu einfach gedacht. Was dem Hausverstand logisch erscheint, hält dem Sachverstand dann eben doch auf Dauer nicht stand. Gerade in der Ökologie, wo die Zusammenhänge auch für den Fachmann außerordentlich komplex sind.

Wer von uns Laien hätte je daran gezweifelt, daß Papier eine umweltfreundlichere Verpackung als Plastik ist? Und dennoch hat das Umweltbundesamt in Bonn nach eingehenden Untersuchungen eine Empfehlung für Plastik statt Papier abgegeben. Begründung: Papiertaschen rufen bei der Herstellung eine wesentlich höhere Luft- und A bwasserbela- stung hervor als Plastiktragtaschen. Und bei der Entsorgung gibt es hinsichtlich Umweltverträglichkeit zwischen Papier und Plastik keine wesentlichen Unterschiede.

Beim scheinbar so überzeugenden Konzept des Elektroautos ist zu berücksichtigen, daß der Strom, der so umweltfreundlich aus der Steckdose kommt, nicht überall umweltfreundlich erzeugt werden kann. Muß die elektrische Energie beispielsweise in einem kalorischen Kraftwerk erzeugt werden, geht bis zum Einsatz im Fahrzeug selbst in etwa gleich viel Primärenergie , (Kohle, Gl, Gas) verloren wie bei einem konventionellen Verbrennungsmotor. Das heißt, daß auch die Umweltbelastung ähnlich hoch ist.

Ganz ohne fossilen Brennstoff kommt übrigens ein wirklich alltagstaug liehes

Elektroauto auch nicht aus: Für die in unseren Breitengraden unverzichtbare Heizung wird weiterhin Benzin oder Diesel gebraucht.

Ja, aber das Solarmobil? Ganz abgesehen einmal davon, daß in Mitteleuropa ein reiner Solarantrieb nicht alltagstauglich ist: Es vergehen einige Jahre, bis der Energieoutput den Energieinput zur Erzeugung der Solarzellen übertrifft…

Die „sanfte Technik“ soll mit diesen Anmerkungen keineswegs madig gemacht werden. Sie sollen nur eine kleine Warnung vor Umweltpatentrezepten sein.

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