6834230-1975_05_02.jpg
Digital In Arbeit

Vorzumerken

Werbung
Werbung
Werbung

Es ist, weiß der Himmel, verfrüht, aber man muß wahrhaftig jetzt schon davon sprechen, damit Daten vorgemerkt, Vereinbarungen abgesagt und musikbegeisterte Freunde eingeladen werden können, solche nämlich, die imstande sind, zuzuhören ohne zu schwätzen: Am 16. Februar wird Marcel Prawy um 18.30 Uhr, FS 1, im „Opernführer” über „Salome” von Richard Strauss sprechen und am 23. Februar wird um 20.15 Uhr, FS 1, eine Femsehinszenierung de. ganzen Werkes mit den Wiene Philharmonikern unter Kar Böhm gesendet werden; Teres: Stratas singt zum ersten Male dit Prinzessin von Judäa.

Außer dieser Prawy-Einleitunį zur „Salome” wird es 197S nw noch einen zweiten „Opernführer” geben: Prawy Wird uti: durch Richard Wagners „Fliegenden Holländer” geleiten, abe diese Sendung muß erst aufgezeichnet werden. Warum da: Knausern mit Kostbarkeiten, du nachgerade zu einem begehrter österreichischen Exportartike geworden sind? Die Gründe hie- für sind technischer Natur. E: gibt nur eine beschränkte Anzah verfilmter Opern und diese: Filmmaterial ist nun, nach zehr Jahren „Opernführer”, nahezi erschöpft. Außerdem muß Marce’, Prawy, der sich zur Stunde bemüht, US-Amerikanern unc kubanischen Emigranten in Florida beizubringen, wer Richard Wagner war, sein Buch übei Johann Strauß zu Ende schreiben und im Stile seiner 60-Minuten- Sendung über Giacomo Puccini, an Stelle der bisherigen acht halben Stunden im Jahr, einstündige Komponistenporträts von Johann Strauß, Giuseppe Verdi und schließlich auch Robert Stolz vorbereiten. Noch ist nichts verloren. Marcel Präwys innerer Zwang, sein Glück zu teilen, seine Begeisterung mitzuteilen, und die daraus entspringende Fähigkeit, der großen Mehrheit den Unsinn auszureden, dergleichen sei „nichts für unsereinen”, dazwischen aber auch derart hochgestochene Details zu servieren, daß die kleine österreichische Minderheit opernbesessener Kenner, deren Standard allerdings jenen anderer Kulturnationen beträchtlich überagt, aus gespannter Neugier in Verblüffung gerät und den lobenswerten Vorsatz faßt, demnächst noch ein wenig mehr dazuzulernen.

Zur Verfilmung der „Salome” ließe sich noch bemerken, daß weniger auf Ausstattung und Kostüme als auf Nahaufnahmen, also (bildschirmgerecht) auf das Spiel der Hände und der Augen Bedacht genommen wurde und daß Teresa Stratas der hiebei erforderlichen subtilen Mimik gerecht wird. „Wie schön ist die Prinzessin Salome heute abend” — mit diesem Prosasatz des „Captain of the Guards” in einer dem französischen (nicht englischen!) Original erstaunlich adäquaten deutschen Übersetzung, eingeleitet vom verkürzten Salome-Motiv in der Flöte, begann Richard Strauss die Komposition. Als bei der Pressevorführung der ungeheure Melodiebogen des Schlußgesangs von den hart zuschlagenden letzten Takten zerbrochen worden war und auf dem Bildschirm für den „Nachspann” nur noch das herrliche Bühnenbild der jüngsten Wiener Inszenierung sichtbar blieb, hörte man in die Stille hinein Marcel Prawy sagen: „Nun höre ich das seit Kindheitstagen so oft, und kann es immer noch nicht fassen: daß einer ein Blatt Papier nimmt und so etwas ganz einfach hinschreibt.” Und in diesem Augenblick erst wußten alle anderen auch, daß sie es nicht fassen können. Unfaßbar bleibt, im letzten, die große Vision eines Schaffenden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung