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Zum Religionsunterricht: Heißt „liberal" wert-frei?

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Heide Schmidt hat namens des Liberalen Forums neben anderen „Privilegien" der Kir-che(n) den obligaten Religionsunterricht in Frage gestellt. Er sollte nur mehr „Freigegenstand" sein.

Österreichs Schule sieht es nach ihrem Organisationsgesetz als Aufgabe, „an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten" mitzuwirken. Die vom Staat anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften wollen durch den Religionsunterricht den entsprechenden Beitrag dazu leisten. Denn Werterziehung kann nicht

nur allgemein durch ein „Unterrichtsprinzip" erfolgen. Dem jungen Menschen bei der Entfaltung seiner Anlagen nach Werten zu helfen, braucht Zeit und Räume, wo der junge Mensch und sein Leben direkt zur Sprache kommen, eben ein Fach, mit „Fachleuten" dafür. Und daß es „konfessionell" geschieht, hat seinen Grund, weil Werte nicht geschichtslos sind, in Gemeinschaft sich auch immer wieder erproben müssen und jeder in seinen Entscheidungen von anderen mitgetragen wird.

Eine solche Hilfe zur Werterziehung muß obligat sein. Statt sie

zum „Freifach" zu degradieren, müßten verantwortungsbewußte Politiker sich eigentlich Sorgen machen, wie die genannte Hilfe jenen in der Schule geleistet wird, die keinen Religionsunterricht besuchen: weil ihre Religionsgemeinschaft nicht staatlich anerkannt ist, sie ohne religiöses Bekenntnis sind oder vielleicht aus „Zeitersparnis" lieber eine Freistunde haben. Müßte dann der Staat nicht selbst für solche ein anderes „Fach" vorsehen, in dem zu ethischer Verantwortung herausgefordert wird?

An Wirtschaftsuniversitäten,

Technischen. Hochschulen, medizinischen Fakultäten wird europaweit der Ruf nach eigenen Lehrkanzeln für Ethik laut. Längst weiß man, daß Wissensvermittlung ohne Werte nicht verantwortbar ist. Nur in den Schulen soll das beliebig sein, ein „Freifach" werden?

Trennung von Kirche und Staat kann ja nicht heißen, die Kirche ins Ghetto zu drängen. Wer heute Kirche richtig versteht weiß jedenfalls, daß sie nicht nur für ihre Mitglieder, sondern auch für die Gesellschaft Verantwortung trägt. Und wollen „Liberale" das der Kirche verwehren?

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