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Ende der „Kupönka”?

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Die Richtung der zukünftigen Entwicklung in der Slowakei spiegelt am besten die Haltung der neuen Regierung MeCiar zur Privatisierung wider. Die zweite Welle der Kupon-Methode fand bei der neuen Koalition kein Wohlgefallen. Als erste Amtshandlung hat der neue Vizepremier und Finanzminister Sergej Kozlik den Beginn der Kuponprivatisierungsvorrunde verschoben. Es heißt offiziell, man sei mit den Vorbereitungen noch nicht soweit.

Bei der Kupon-Privatisierung wird ein Teil des Staatseigentums an die Bevölkerung nahezu verschenkt. Das erste Mal hat sie der damalige tschecho-slowakische Finanzminister Vaclav Klaus im Jahre 1991 verwendet. Jeder interessierte CSFR-Bürger erhielt damals gegen eine Stempelinvestition in der Höhe von 1.000 Kronen ein Kuponbuch, das mit 1.000 Privatisierungspunkten gefüllt war. Diese Punkte durfte man dann in verschiedene Aktien der Staatsgesellschaften in mehreren Runden investieren. Der Preis schwankte entsprechend einer tatsächlichen Aktienbörse nach Angebot und Nachfrage. Der durchschnittliche Gewinn betrug damals ungefähr 20.000 Kronen pro Kuponbuch; es gab Teilnehmer, die Aktien für mehr als 100.000 Kronen erworben hatten.

Die zweite Welle hat diesmal rund eine Million Menschen mehr angelockt. Die Kuponprivatisierung, von den Slowaken „Kupönka” genannt, ist die schnellste Methode, um Staatseigentum zu privatisieren.' Sie bringt jedoch keine direkten Investitionen, die manche der verschuldeten Staatsbetriebe' dringend benötigen würden.

Millionen Interessenten

Die Debatten, welche staatlichen Firmen mit welchem Anteil eigentlich privatisiert werden sollen, scheinen jetzt allerdings keinen Sinn mehr zu haben. Denn die neue Regierung hat, zumindest erweckt sie diesen Eindruck, keine große Lust zu weiteren Privatisierungen.

Die Koalitionspolitiker betonen zwar, daß die Kuponprivatisierung nicht ausreichend vorbereitet, und das Problem mit mehrmals registrierten Personen nicht gelöst worden sei (Metüiar spricht von 80.000 gefälschten Kuponbüchern).

Dahinter stehen jedoch andere Interessen: Der Wahlsieger Hnutie za demokraticke Slovensko (HZDS - Bewegung für eine demokratische Slowakei) hatte nie besondere Lust, die Kontrolle über Staatseigentum freiwillig abzugeben. Und wenn schon etwas verkaufen, dann entweder sehr teuer, oder an die eigenen oder die Firmen von Verwandten.

Die Koalitionspartner, die altkommunistische Zdruzenie robot-nikov Slovenska (ZRS - Arbeiterunion der Slowakei) und die rechtsradikale „Slovenska narodna stra-na” (SNS - Slowakische Nationalpartei) sind überhaupt gegen Privatisierung und Marktwirtschaft. Für diese Parteien ist die Vorstellung eines Volkes von Aktionären ohnehin nicht besonders wünschenswert.

Die Privatisierung wird also nur sehr langsam weitergehen. Sie zu stoppen, wäre für Meöiar allerdings gefährlich. Dreieinhalb Millionen registrierte Slowaken wären nämlich zutiefst verärgert.

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