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Kirchenanlage Salzburg-Herrnau

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Der katholische Kirchenbau gilt vor allem als Schauplatz des „liturgischen Geschehens“. Die Form im allgemeinen als Ausdruck des Sakralen ist dabei die richtige Gestaltungsabsicht. Eine weitere grundlegende Aufgabe für den zeitgemäßen Kirchenbau besteht darin, den gesamten Baukörper heute als etwas ganz Bestimmtes und Einmaliges, zugleich auch sehr Bedeutendes, im Stadtkörper nicht nur rein architektonisch einzugliedern, sondern diese Eingliederung in die Gemeinde auch der Idee nach organisch durchzuführen.

Als ein praktisches Beispiel, das die Erfüllung dieser vorangeführten Forderungen weitgehend bietet, mag die geplante kirchliche Bauanlage in der Herrnau-Sa1zburg gelten. Die Erbauung der Herrnauer Pfarrkirche mit Turm und Pfarrhaus stellt eine Idealaufgabe dar. Mit dem benachbarten Klosterbau der Eucharistinerinnen ersteht eine von Straßenzügen eingeschlossene Gottessiedlung, einheitlich und dominierend inmitten einer großen Wohnsiedlung am Rande der Stadt Salzburg.

Bei der Planung dieses verhältnismäßig großen Kirchenbaues wurden die letzten Tatsachen des heutigen Bauens besonders beachtet. Der kubische Bau mit den meist geschlossenen Wänden, in Anordnung und Durchbildung von starker sakraler Wirkung, ist auffallend. Der Kirchenraum selbst ist stark vom Kultzweck bestimmt.

Der geplante Liturgieraum stellt gewissermaßen ein Spannungssystem dar, das diesen Raum bildet. Die Ordnung in der Stellung der vorgespannten Kragpfeiler, mit klarer Richtung zum Altarraum, welcher getrennt von der gegengespannten Glaschorwand wie eine Insel erhöht den ganzen Kultraum beherrscht, ist starke Ursache dieser Spannung. Die Ordnung in der Baukunst ist überhaupt das, was wir zugleich auch Freiheit in der Baukunst nennen.. Der geordnete Kultraum, rein von fehlervertuschenden Ornamenten und dergleichen, gilt als stärkster Zeitausdruck.

Im Hennauer Kirchenbau spannt sich ein gemeinsamer Raum zwischen Gemeinde und Altar. Die ganze Bewegung wendet sich deutlich zur Stätte des Sanktissimum hin. Der Blick zum Tabernakel ist den Gläubigen ungehindert frei. Kein Pfeiler, keine Säule und keine Einbauten verhindern die freie Sicht. Der Laie wird in dieser Kirche durch engste Verbundenheit mit dem opfernden Priester an der heiligen Handlung teilhaftig. Der Altarraum selbst ist innerhalb des ganzen Kirchenraumes absichtlich abgegrenzt. Die Abgrenzung des Raumes, in dem sich das Allerheiligste befindet, gibt dem ganzen Kultraum etwas ungemein Feierliches und Geheimnisvolles. Der Gläubige ist gebannt, und seine Sinne konzentrieren sich auf jenen Punkt, von dem allein die göttliche Gnade ausströmt. Durch die Raumform dieser Kirche und durch die Anordnung des Altars in dieser werden die Gläubigen zur Opferstätte in ganz bestimmte Beziehung gebracht.

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