Und wer soll das bezahlen?

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Wer das bedingungslose Grundeinkommen von der Ebene der Sozialexperimente in die politische Realität heben will, ist schnell mit Einspruch konfrontiert. Der häufigste betrifft die Finanzierung: Wie soll ein Staat es sich leisten können, alle seine Bürger "auszuhalten"?

Eine relativ konkrete Idee dafür liefert das Finanzierungsmodell von Attac, in dem vorgerechnet wird, wie sich in Österreich ein Grundeinkommen für alle finanzieren ließe. Neben signifikanten Änderungen im Steuer-und Sozialsystem bräuchte es dafür aber ein radikales politisches Umdenken, weiß Klaus Sambor aus der Attac Inhaltsgruppe Grundeinkommen: "Wachstum und Vollbeschäftigung, wie sie derzeit definiert wird, sind Fehlentwicklungen", stellt er klar.

Nach dieser Ansage erklärt er die Annahmen für die Berechnungen: Im Attac-Modell erhält jeder Mensch über 16 Jahre, der in Österreich lebt, 14 Mal pro Jahr 1000 Euro Grundeinkommen. Für Kinder bis 16 werden 800 Euro bezahlt, ebenfalls 14 Mal. Das ergibt für die Wohnbevölkerung von 8,4 Millionen Menschen (Stand 2013) einen Gesamtaufwand von 114 Milliarden Euro pro Jahr.

Die 14.000 Euro im Jahr sind steuer-und sozialversicherungsfrei für alle. In der Annahme lebt aber der Großteil der Menschen nicht nur davon, sondern verdient noch etwas dazu. Dieses Betrag wird sehrwohl versteuert, allerdings nach anderen, progressiveren Steuersätzen als zur Zeit. Für Zusatz-Einkommen bis 5000 Euro sieht Attac 10 Prozent Einkommenssteuer vor, bis 15.000 Euro sollen 25 Prozent gezahlt werden, bis 29.000 Euro 38 Prozent. Wer bis zu 49.000 Euro im Jahr dazu verdient, soll 55 Prozent Steuern zahlen, über 49.000 Euro sind es 75 Prozent.

Auch Sozialversicherungsbeiträge werden vom Einkommen, das über das Grundgeld hinaus geht, eingehoben. Auch hierbei sollen Vielverdiener tiefer in die Tasche greifen: Die Höchstbeitragsgrundlage wird um 100 Prozent angehoben. Das 13. und 14. Monatsgehalt bleiben aber steuerbegünstigt.

"Alle, die derzeit unter 5000 Euro brutto im Monat verdienen -und das sind 90 Prozent der Menschen -steigen mit unserem Modell besser aus", erklärt Klaus Sambor mit Verweis auf die Berechnungen von seinem Attac-Kollegen Siegfried Kaiser. Deutlich auseinander klaffen das Ist-Netto und das Modell-Netto ab einem Monatsbrutto von etwa 12.500 Euro. "Diese Menschen verlieren zwar Geld, gewinnen aber Sicherheit, Lebensqualität und gesellschaftlichen Zusammenhalt", meint Sambor.

Modellrechnung: 28 Milliarden sparen, 86 Milliarden verdienen

Basis für die Attac-Berechnung ist auch die Einführung einer Vermögenssteuer ab 1 Million Euro, einer Erbschafts-und Schenkungssteuer ab 300.000 Euro sowie der Erhöhung der Stiftungssteuer auf 25 Prozent. Eine Anpassung der Umsatzsteuer, die Steuerhinterziehung erschwert, soll zusätzliches Geld in die Staatskassen spülen, genau wie modfizierte Verbrauchsausgaben, Änderungen bei der Grunderwerbssteuer, der Lotteriesteuer, etlichen Produktionsabgaben, Kapital-und Körperschaftssteuer.

Außerdem soll Steuerbetrug schärfer geahndet werden. Insgesamt berechnet Attac durch diese Maßnahmen Mehreinnahmen von von fast 86 Milliarden Euro pro Jahr vor. Das Grundeinkommen soll aber nicht nur durch höhere Staatseinnahmen, sondern auch durch niedrigere Staatsausgaben finanziert werden.

Großes Sparpotenzial sieht Attac bei der Verwaltung -unter anderem, weil durch die vereinheitlichte Geldzahlung andere soziale Transfers wie Mindestsicherung, Arbeitslosengeld, Kinder-, Wohn oder Studienbeihilfe wegfallen, und damit auch ihre Prüfung. Bei Subventionen und Förderungen soll im ökologischen Sinn gespart werden. 28 Millarden Euro soll der Staat unterm Strich weniger ausgeben.

Dieses eingesparte Geld ergibt mit den zusätzlich eingenommenen 86 Millarden die Summe von 114 Milliarden Euro -exakt der Betrag, den die Auszahlung des Grundeinkommens laut Attac kosten soll.

Das Berechnungsmodell im Detail gibt es auf der Webseite http://community.attac.at/grundeinkommen zum Downloaden.

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