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Unbekannte Meisterwerke

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Die sommerlichen Kunstausstellungen in Bregenz sind bereits Tradition. Seit 1965 hat sich der einfallreiche städtische Kunstreferent Dr. Oscar Sandner auf einen besonderen Typ festgelegt:' er sucht, was in einem bestimmten Bereich in Privatsammlungen vorhanden und dem Blick der großen Öffentlichkeit entzogen ist. Daß eine einzelne Privatsammlung geschlossen gezeigt wird, ist nicht selten; das Beste aus Sammlungen einer bestimmten Region herauszuholen und stilkritisch zu ordnen, ist Oscar Sandners großes Verdienst.

1965 waren es Bilder gewesen, die vom Fürsten von und zu Liechtenstein, vom Fürsten von Waldburg zu Wolfegg und Waldsee, vom Markgrafen von Baden (Salem), von Vorarlberger und Schweizer Sammlern sowie aus kirchlichem Besitz ausgeliehen worden waren. 1967 steht im Zeichen . der Plastik. In den Schausälen des Tiiimt-And-Taris-Schlößchens ist nicht das Besitzverhältnis maßgebend, sondern die geschichtliche Abfolge. Hier dürfen die drei altägyptischen sowie die römischen Stücke wohl nur Kuriositätswert beanspruchen. Eine vergleichende Chronologie beginnt mit dem Meister der Türen von Alt-ötting: köstlich, wie der Erzmärtyrer Stephanus auf der Bibel selber die Steine hält, die für ihn bestimmt sein werden. In das Reich der Gotik 'uhren - ferner der ' allgäüische

Eligiusaitar, der den Heiligen als Hufschmied zeigt, eine Ursula vom Niederrhein mit sechs Figuren unter dem Mantel, so daß die Verwechslung mit einer Schutzmantelmadonna nahe liegt, eine Kreuzauffindung von Tilman Riemenschneider und die holzgeschnitzte Marienkrönung aus Zell am Andersbach, um nur die prachtvollsten Exponate aus jener Zeit zu nennen.

Unter den Reliefs und Elfenbeinarbeiten fällt vor allem das Haus-altärchen „Elfenbeinerner Turm“ auf, eine Madonna, umgeben von den Geheimnissen der Laureta-nischen Litanei (was sagte diese doch früheren Jahrhunderten!). Wie verspielt wirken dagegen die Schwarzweißfligürchen aus Elfenbein und Holz von und nach Simon Troger!

Einen weiteren Höhepunkt bringen die Bronzen. Hier ragen vor allem Giovanni da Bologna und die beiden Florentiner Susini hervor. Gerade die Kleinbronzen der Renaissance sind Spitzenleistungen auf ihrem Gebiet; manches Werk ist bis zum 30. September in Bregenz zu sehen, das bisher kaum der Fachliteratur bekannt war und in wenigen Wochen wieder für immer aus dem Gesichtskreis der Kunstfreunde verschwinden wird. Um so dankbarer muß man Oscar Sandner sein. Schon deshalb, weil er weiß, wo Bilder und Statuen vergraben sind.

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