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Auf der Suche nach den eigenen Ursprüngen

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Fort, aber wohin.” Drei Wörter, die einen ganzen Roman begleiten, die gleichsam als Maxime der Protagonisten fungieren. Ein Fluchtroman also? Keineswegs und auf jeden Fall. Ein Roman, der Widersprüchlichkeiten formuliert, um sie aber wieder aufzulösen. Julia hat eben ihr Studium erfolgreich abgeschlossen und versteht „jeden Freitod”. Da läutet das Telefon. Sie erkennt ihren Vater. Ihn hat sie seit wieviel Jahren, das weiß sie selbst nicht mehr so genau, das letzte Mal gesehen. Das ist der Ausgangspunkt von Markus Werners Roman „Festland”.

Die Geschichte eines Vaters und seiner Tochter könnte so beginnen. Doch so einfach macht es sich der Schweizer Schriftsteller keineswegs. Er läßt jemanden erzählen, der etwas erzählt bekommt. Damit entstehen gleich zwei Erzählebenen, die Metaebene, also jene der Tochter Julia und jene des Vaters. Was erzählt wird, ist die Geschichte einer Zeugung, nämlich Julias Entstehungsgeschichte. Doch dabei bleibt es nicht, denn der Vater kennt auch seine Ursprünge ganz genau. Doch auch hier fügt Werner noch eine zweite Ebene ein, denn es ist nicht nur das, was erzählt wird von Bedeutung, sondern vielmehr wie etwas erzählt wird.

Begriffe wie „Meister der Erzählkunst” sind oft rasch zur Hand, doch auf Markus Werner läßt sich dieser getrost anwenden. Was ist es eigentlich, das diesen Boman so auszeichnet? Kurzum: Form, Inhalt und Ausführung. Zum einen sind es die Details, die zählen. „Anderthalb Jahre lang hatte ich mich mit linguistischer Gesprächsforschung befaßt und eine Li-zentiatsarbeit über Dialogstrukturen der Alltagssprache geschrieben. Nun schwiegen wir, bis der Vater das Eröffnungssignal gab”. Er agiert erfolgreich in seiner Firma, doch plötzlich war er zu einem Stillstand gekommen und verbringt diese Tage mit seiner Tochter und erzählt mit viel Ironie. Da ist von einem fiktiven Boxkampf die Bede, die Vater eigens für seine Tochter erfindet, von einem Uhrenkauf in Wien und von einem Chef mit aufdringlichem Parfüm. Im Zentrum steht jedoch die Mutter und deren Ende. Freitod oder Unfall, das bleibt offen. Doch ohne Bitterkeit stellt der Vater die Vergangenheit dar, um am Ende sein gewohntes Leben in der Firma wiederaufzunehmen. Leichtigkeit und Akribie, Ironie und stilistische Höhenflüge zeichnen diesen Roman von Markus AVerner aus.

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