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Zwei Bücher über die SPD

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Zu meiner Zeit” war die Welt für die Sozialdemokratie noch in Ordnung, da gab es noch Hoffnung auf Mehrheiten und jede Menge Illusionen: Mit dem geschulten Blick des Pressemannes zieht Egon Bahr Bilanz. Er beginnt keineswegs unkritisch: „Unangefochtene demokratische Überzeugung und die Beteuerung, ich hätte es immer gewußt, kann ich mir im Bückblick nicht bescheinigen”, meint er über sich selbst unterm Nationalsozialismus. Bahr hat als einfacher Journalist bei der „Berliner Zeitung” begonnen, wurde Presseattache in Ghana, leitete das Presse- und Informationsamt während der Großen Koalition, war Minister im Kabinett Schmidt und Bundesgeschäftsführer der SPD, und, und ...

Ohne Eitelkeit und ohne sich selbst in den Vordergrund zu schieben, erlaubt Bahr einen Blick hinter die Polstertüren der Macht, von wo er über die Verhandlungen und Gespräche Willy Brandts mit den Politikern vor und hinter der Mauer, in Europa und Übersee, berichtet.

Die guten Zeiten scheinen für die Sozialdemokratie vorüber und der Soziologe Sir Ralf Dahrendorf meint sogar das Ende des sozialdemokratischen Jahrhunderts angebrochen zu sehen. Der langjährige Fraktionsvorsitzende in Nordrhein-Westfalen, Friedhelm Farthmann, mußte nicht warten, bis er in der zweiten Reihe stand, um seiner Partei Ratschläge zu geben, denn der Selbstbetrug von politischen Lebenskünstlern war nicht seine Maxime. Sein Aufruf zu einem radikalen Neubeginn der SPD strotzt scheinbar von Widersprüchen. Er warnt davor, in rot-grünen Ründnis-sen das Heil zu suchen, während ihm eine linke Volkspartei vorschwebt. Er läßt kein heikles Thema aus (Arbeitslosigkeit, Ökologie, Ausländer- und Friedenspolitik) und fordert seine Partei auf, Abschied zu nehmen von der Gewohnheit, „es allen und jedem recht machen zu wollen”. Farthmann hat trotz seiner harten Positionen, manche mögen sie für konservativ halten, immer das Gespräch gesucht und ist keineswegs verbittert. Das macht ihn im langen Gespräch mit dem Journalisten Hans-Ulrich Jorges, das den zweiten 'Teil des Ruches ausmacht, sympathisch, ja macht sogar Lust auf Politik und das ist schon viel in einer Zeit, in der sich Vorurteile gegen den Politiker als Typus täglich aufs neue zu bewahrheiten scheinen.

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