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Die Polarisierung schreitet voran

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Das bisher deutlichste Signal an die Laien, keine innerkirchliche Kritik zu üben, setzte der neue Salzburger Erzbischof Georg ^der, indem er den gewählten KA-Präsidenten ablehnte.

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Das bisher deutlichste Signal an die Laien, keine innerkirchliche Kritik zu üben, setzte der neue Salzburger Erzbischof Georg ^der, indem er den gewählten KA-Präsidenten ablehnte.

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Warum ist es - erstmals, soweit sich Kircheninsider eriimem - dazu gekommen, daß ein Bischof, näm-Uch der neue Salzburger Erzbischof Georg Eder, einem gewählten Präsidenten der Katholischen Aktion, nämlich dem Politikwissenschaftler Franz Homer, die Bestätigung verweigert hat? Warum mußte wieder einmal innerkirchlich Porzellan zerschlagen werden?

Franz Homer, seit 1985 Präsident der Katholischen Aktion der Erzdiözese Salzburg, nahm sich selten ein Blatt vor den Mund. Im Herbst 1988, als seine Wiederwahl erfolgen sollte, wurde die Wahl verschobeiu Im Ordinariat soll damals schon der Wunsch nach einem anderen Kandidaten geäußert worden sein, hinzu kam die Sedisvakanz - man wollte die Sache nicht vor dem Amtsantritt des neuenErzbischofs entscheiden.

Mit einigen kritischen Aussagen zum Thema Bischofsemennung - am 13. Oktober 1988 in einem Interview mit den „Oberösterreichischen Nachrichten“ und am 18. Oktober 1988 unter dem von Homer selbst nicht goutierten TXtel „Innerkirch-

liche Opposition angekündigt“ in den „Salzburger Nachrichten“ - erregte Homer damals Aufsehen xmd Anstoß.

So erklärte er „Wer immer zum Bischof bestellt wird, wir sollten selbstbewußt unseren eigenen Weg weitergehen.. J)ie eigenÜiche Aufgabe ist nicht der kurzfristig flammende Protest, sondem die ^gfri-stige Strategie zur Veränderung der Modi der Bischo&bestellxmgen. Dxirchsetzen tun sich langfristig jene, die eine wirksame Strategie entwickeln, und nicht die großen Charismatiker. Das zeigt die ganze Kirchengeschichte \md die Geschichte generell Nicht die Charismatiker, sondem die Parteisekretäre sind die wahren Machthaber. D as ist das eigentlich Bedrohliche, daß die römischen Zentralstellen aus jahrhundertelanger Erfahrung genau wissen, wie man langfristig etwas erreidit Wenn man sich aus Protest vor die Kirchentüre legt, ist das für die Kiurie etwa so, wie weim man einen Elefanten zwickt…“ (OÖN, 13.10.88)

Homer ging auch deutlich auf Distanz zur Auffordenmg des damaligen Oberhirten Karl Berg, die Salzburger sollten den künftigen Bischof annehmen, wer immer es auch sei.

Beim neuen, Ende Dezember gewählten vmd im Jänner 1989 ernannten, Erzbischof Georg Eder hatte Homer damit schon kräftig Minuspunkte gesammelt, deren Zahl eine Artikelserie im Februar 1989 in den „Salzburger Nachrichten“ zum Ihema „Hält sich die katiliolische Kirche an ihre eigenen Kegeln?“ noch deutlich vermehrte.

Dieser Serie merkte man den gelernten Politikwissenschaftler, der die kirchliche Strukturebensobeinhart wie poUtische Systeme zu analysieren gewillt war, an. Für Homer „war der VorWvirf Pfarrer Schermanns im Club 2, der Papst sei ein Diktator, sachHch berechtigt, wenngleich sprachhch nicht glückhch. Der Papst verhält sich als autokratischer Monarch, der sein Recht selbst von Gott herleitet, ohne die Frage zuzulassen, ob und wie er gemäß der Kirchenverf assxmg diese Macht mit anderen (Bischöfen oder Gläubigen) in der Kirche zu teilen hat.“ (SN 14.2.89)

Und Homer wies darauf hin, daß die Kirche nach wie vor eine „Inquisition“ kennt, denn so heißt offiziell das vor einer Bischofsemenmmg durchgeführte Verfahren zur speziellen Prüfung der Eigmmg imd Würdigkeit des Kandidaten. (SN 15.2.89)

Zu solchen pointierten Aussagen waren die Meinungen naturgemäß geteUt. Aber der Termin für die Neuwahl des KA-Präsidenten der Erzdiözese rückte näher, und es f and sich kein Gegenkandidat.

Ein Gespräch zwischen Erzbischof Georg Eder xmd dem Ordinarius für PoUtologie fand statt, um zu klären, ob Eder Homer im Falle der Wiederwahl die bei Spitzenfunktionen in Gliedenmgen der Katholischen Aktion notwendige Bestätigung in seinem Amt erteilen werde. Dieses Treffenräumte offenbarnicht alle Mißverständnisse aus und beschwor zudem ein neues herauf Hor^ ner hatte den Eindruck, der Erzbischof akzeptiere unterschiedUche Meinungen in Sachfragen, Eder meinte, er habe Homer deutlich genug mitgeteilt, daß eine Bestätigung nur nach Erfüllung bestimmter Bedingungen in Frage komme.

Faktum ist, daß die Delegierten der Katholischen Aktion am 21. April mit überwältigender Mehrheit und ohne Gegenstimmen Franz Homer emeut TM. ihrem Präsidenten wählten. Am 30. Mai gab die Pressestelle der Erzdiözese Salzburg in einer Aussendimg bekamt, daß Erzbischof Eder Homer als KA-Präsidenten nichtbestätigen könne und veröffentUchte einzelne Passagen aus dem diesbezügUchen Schreiben des Erzbischofs an die KA:

Homer sei nicht bereit gewesen, „seine oppositionellen Äußerungen beziehimgsweise antikirchlichen Stellungnahmen öffentlich zu korrigieren“. Es sei daher „eine vertrauensvolle Zusammenarbeit …nicht mögUch“. Er habe die Ent-

scheidung so lange hinausgeschoben, um „der KA beziehungsweise Professor Homer die Hand entgegenzustrecken“, schrieb Eder. Dieses Schreiben imd Teile des vorangegangenen Schriftverkehrs zwischen Professor Homer und der KA auf der einen Seite und Erzbischof Eder auf der anderen Seite hegen der FURCHE vor, die diese Schriftstücke geme im Wortlaut publiziert hätte, um ihren Lesern ein mög-hchst objektives Bild zu vermitteln. Die Betroffenen haben diese Schreiben aber nur zur Veröffentlichung im „internen Dienst“ der „Kath-press“ freigegeben.

Kein Geheimnis ist, daß Franz Homer zwar eine allgemeine Loya-Utätserklärung abgab, aber nicht zu Korrekturen seiner Aussagen bereit war und daß es in einer Loya-htätserklärung des Präsidiums der Salzburger Katholischen Aktion von Mitte Mai (also zwischen der Wahl Homers und der Ablehnung durch den Erzbischof verfaßt) heißt, daß die KA ihre Aufgaben „nur in Loyahtät mit dem jeweiligen Erzbischof und der amtUchen Kirche erfüllen“ wolle und könne.

WörtUch steht noch in der KA-Erklärung: „Für die Kirche von Salzburg halten wir es bedeutsam, daß auch in Zukunft kritische Menschen als verantwortliche Mitarbeiter willkommen: sind.“ Ob sie das wirkUch sind, wird freilich nicht nur in Salzburg immer mehr bezweifelt Fritz Schweiger, derzeit Rektor der Salzburger Universität und Präsident des Katholischen Akademikerverbandes Österreichs, meinte zur FURCHE, er halte Horner für einen aufrechten, ehrUchen, um Ausgleich bemühten Christen und könne sich über die Nicht-Bestätigung nur wundem. Dies sei ein weiterer Schritt zur Polarisierung.

Daß diese Polarisienmg besteht, hat der „Fall Homer“ mehr als deutUch gezeigt Fast einstimmig hat die KA Homer wiedergewählt, ihm also das Vertrauen bezeugt. Erzbischof Eder vertraut dem kritischen PoUtologen hingegen nicht. Eder akzeptierte aber die Loyalitätserklärung der KA unter der Voraussetzung, daß auch für die KA der Passus aus der Konzilskonstitution „Lumen Gentium“ gelte, wo es heißt: „Die Gläubigen aber müssen mit einem im Namen Christi vorgetragenen Spruch ihres Bischofs in Glaubens- und Sittensachen übereinkommen…“

Daß es Aufgabe der KA ist, im Einvemehmen mit dem jeweiügen Bischof zu agieren, ist unbestritten.

„Es besteht die Gefahr, daß ein Exodus engagierter Laien einsetzt“

Wenn Erzbischof Eder meinte, mit einer KA unter Homer könne er nicht zusammenarbeiten, hatte er nicht nur das Recht, sondem sogar die Pflicht, die Bestätigung des Präsidenten (daß eine solche laut Statut vorgesehen ist, hat ja seinen Sinn) zu verweigern. Anderseits ist die Gefahr unübersehbar, daß nun ein Exodus vieler engagierter (und oft eben auch kritischer) Laien aus kirchlichen Gliederungen einsetzt und dort eher farblose Funktionäre zum Zug kommen, unter deren Führung diese Gliederungen in der Öffentlichkeit an Ansehen und Einfluß verUeren.

Einige Parallelen zum Fall Horner deuten darauf hin, daß in Zukunft vermehrt mit Einsprüchen seitens der Bischöfe bei ähnlichen Personalentscheidungen zu rechnen ist So hat beispielsweise die österreichische Bischofskonferenz als neuen Generalsekretär für das Katholische Zentrum für Massenkommunikation Österreichs den vom Präsidium dieser Institution statutengemäß vorgeschlagenen Kandidaten abgelehnt (was ihr zusteht) und einen eigenen Kandidaten präsentiert (was die Statuten nicht vorsehen). Hier dürfte man sich auf einen Kompromißkandidaten einigen.

Innerhalb der KA Wien ereignete sich der Fall, daß ein Spitzenfunktionär der KathoUschen Männerbewegung vor der Bestätigung seiner Aufnahme in das KA-Präsidium eine in einem ORF-Interviewgemachte Aussage öffentUch abschwächen mußte.

Nicht bestätigt sind auch nach wie vor die beiden Vorsitzenden der Katholischen Hochschuljugend am Hochschulort Wienfür dasStudien-jahr 1988/89. Einer der beiden hat sein Amt nach einem Semester niedergelegt, seinerNachfolgerin wurde der Schlüssel für das KHJ-Büro entzogen. Ob das symbolhaft für die derzeitige Kirche ist, eine Kirche, die nun sorgsam darüber wacht, für wen sie ihre Tore offenhält?

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