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Überdrehte Aktualitäten

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Bis gute Filme zu uns kommen, dauert es manchmal sehr lange (siehe „Das letzte Kommando“), mitunter kommen sie auch gar nicht — weil sie eben in Verleihermeinung kein Geschäft sind; schlechte dagegen kommen dann oft recht schnell, denn das sind zumeist die „aktuellen Geschäftsfilme“: so ist des übereingebildeten Ex-Österreichers Otto Ludwig Preminger (dessen große Filmzeit schon einige Jahre vorbei ist) Terroristen-Opus „Unternehmen Rosebud“ überraschend schnell in den Wiener Kinos, unverdient schnell. Denn diese mit Monsterbesetzung prahlende (Peter O'Toole, Richard Atten-

borough, Claude Dauphin, Raf Val-lone u. a. m.) Superagentenstory behandelt das Thema Palästinenser-Entführungen ungefähr so, wie sich der kleine Moritz die große Welt (des Terrors, der Konzerne, der Politik) vorstellt. Hier dokumentiert Preminger, der stets eine Hand (par-don: die Kamera) „am Pulsschlag der Zeit“ hat, als das, was er wirklich ist: ein internationaler J. M. Simmel des Films ...

Nicht weniger krude und über dreht geht es in Chabrols neuestem Film „Die Unschuldigen mit den schmutzigen Händen“ zu; nach seinem Polit-Thriller „Nada“ anscheinend am Ende seiner Thematik, hat sich hier der große Hitchcock-Fan dem Psycho-Thriller (im Großbür-ger-Millieu, versteht sich) verschieben — aber dafür nahm Chabrol die falsche Besetzung: mit Stars wie Rod Steiger und Romy Schneider (deren Anti-Sissylis-Komplex noch immer fürchterlich blüht und sie an jedem natürlich-menschlichen Ton hindert) läßt sich keine „femme in-fldfele“-Linie fortsetzen; und wenn man dann noch ganz raffiniert sein und das Publikum mehrfach an der Nase herumführen will und

unlogisch und unmotiviert das Gesehehen mehrmals um 180 Grad herumschwenkt, erreicht man nur Schwindel(ei) und Verärgerung...

Aber wirklich sehenswert ist der (schon im Vorjahr in Cannes preisgekrönte!) amerikanische Marine-Film „Das letzte Kommando“ (eine miserable und sinnlose Verdeutschung des Orginaltitels „The Last Detail“), die einfache und recht naturalistische Geschichte von zwei Marine-Berufssoldaten, die eines Tages den Befehl bekommen, einen Gefangenen von Norfolk nach Ports-mouth -zu transportieren, beziehungsweise zu begleiten. Daraus ist ein großartiger, herrlich gespielter

und mitreißender, überaus menschlicher und überzeugend antimilitaristischer Film geworden, den niemand versäumen sollte. (Regie: Hai Ashby, Darsteller: Jack Nicholson, Otis Young, Randy Quaid).

Wer aber — blindlings — ganz sicher gehen will, fahre auch dieses Wochenende nach Laxenbung, verbinde einen schönen und erholsamen Ausflug mit einmaligen Film-Kunst-Genüssen und sehe sich in der Retrospektive „Meister der Regie“ im Alten Schloß am Donnerstag, den 29. Mai um 14.30 und 16.30 Uhr „Der dritte Mann“ an, am Freitag, den 30. um 16.30 Uhr „Prinz und Bettelknabe“ (Österreich 1920), am Samstag, den 31. Mai um 14.30 und 16.30 Uhr „Das Privatleben Heinrichs VIII.“ (mit Charles Laughton, 1933) und am Sonntag, den 1. Juni um 14.30 Uhr „Lady Hamilton“ (mit Vivien Leigh und Laurence Olivier) und um 16.30 Uhr „Rembrandt“ (mit Charles Laughton, 1936, in englischer Originalfassung). Diese Filme sind alle von Alexander Korda inszeniert oder produziert — und auf jeden Fall sehenswert...

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