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Übermut und Konfusion

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Die irischen Dichter haben Rang. Das gilt auch für Oliver Goldsmith, dessen berühmten Roman „Der Pfarrer von Wakefield“ Goethe für den besten aller Zeiten erklärte. Goldsmith starb jung, mit 46 Jahren, ein Jahr vor seinem Tod schrieb er die Komödie „Irrtümer einer Nacht oder Wie sie das Spiel gewinnt“, die 1784, elf Jahre nach der Uraufführung, im Burgtheater gespielt wurde und sich da bis 1837 im Spielplan hielt. Nach fast eineinhalb Jahrhunderten wird sie, nun von Richard Urbach stückgerecht übersetzt, im Burgtheater neuerlich dargeboten.

Ist das ein irischer- Marivaux? Keineswegs, nichts von der verfeinerten Zierlichkeit, der schwebenden Leichtigkeit des Franzosen, auch nichts von irisch Hintersinnigem, nichts von der eigenen Empfindsamkeit im Roman. Da ist alles grob wie in den primitiven Stücken der Bauerntheäter. Der junge Adelige Marlow wagt es nicht, einem Fräulein von Stand, Kate, ins Gesicht zu sehen, auch nicht eine Sekunde lang, er hält den Kopf ihr gegenüber dauernd gesenkt. Dabei geht ihm der Ruf voraus, ein Draufgänger zu sein, wenn es sich um Mädchen niederer Herkunft handelt. Als Kate daraufhin eine Kellnerin spielt, erkennt er sie nicht und verliebt sich in sie. Schüchternheit kann auf dem Theater wirksam sein, hier wird sie um des Effekts willen ins Unglaubwürdige gesteigert.

Marlow auf Brautschau glaubt in einem Gasthof abzusteigen, befindet sich aber in dem Landschloß seiner künftigen Schwiegereltern, Hardcast-le, die sich nun von ihm hochfahrend als Wirtsleute behandeln lassen. Die Situation wird erst gegen Schluß aufgeklärt. Angezettelt hat diese Konfusion aus Ubermut Tony, der Sohn aus erster Ehe der Mrs. Hardcastle, ein junger Tunichtgut, der in Erwartung des ansehnlichen Vermögens, das ihm nach seiner Großjährigkeit zusteht, seine Zeit mit Nichtstun und allerlei Unfug verbringt. In ihm prangert Goldsmith eine typische Gestalt des damaligen Landadels an. Dieser Figur und der Mrs. Hardcastle wegen, die als eitel, dumm und geldgierig gezeichnet ist, hat das Stück zeitkritischen Wert. Leider häufen sich bis zum Ende der Komödie immer neue, kaum glaubhafte Verwicklungen, die das Stück abwerten. Selbstredend finden sich schließlich die richtigen Paare.

Der Regisseur Peter Wood hält diese Komödie für das beste englische Stück des achtzehnten Jahrhunderts und vergröbert sie noch in der Aufführung. Marlow muß in der ersten Szene mit Kate herumstottern und das endlos, wie das bei primitivem Theater üblich ist. Reiche Ausstattung mit allerlei Gags. Joachim Bißmeier gelingen die übersteigerte Schüchternheit wie das Gefühl des jäh Verliebten, wobei es freilich an männlicher Attraktivität fehlt. Gertraud Jesserer ist eine reizvolle Kate, leider versteht man nur einen Teü ihres Textes. Das gilt auch für Johannes Schauer, der ihren gutmütig polternden Vater zu einer komischen Figur macht. Robert Meyer gibt dem Tony vehemente Beweglichkeit, Susi Nicoletti seiner Mutter drollig aufgeplusterte Eitelkeit Ein zweites eindrucksvolles Paar: Maresa Hörbiger und Klausjürgen Wussow. Der Vater des Schüchternen erhält durch Attila Hörbiger die Würde des Alters.

Der Bühnenbildner Carl Toms bietet sowohl im Äußern, wie im Innern des Landschlosses eine üppige Architektur jener Zeit, aufgebaut auf der Drehbühne, die immer wieder in Bewegung gesetzt wird. Er entwarf auch die sehr reizvollen Kostüme.

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