Und zuletzt die Kirchen?

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Wann, wenn nicht jetzt, könnten die Kirchen in diesem Land, etwas zum politischen Klima beitragen? Wann, wenn nicht jetzt, wären Dinge gefragt, welche seitens der katholischen Kirche Bischof Egon Kapellari jüngst im TV-"Österreich-Gespräch" (siehe Seite 17) als ständige Mahnungen der Kirche hervorhob: ehrlicher Umgang mit der Geschichte, Bindung an Menschenrechte ohne Blinzeln, Verbesserung der politischen Kultur, vor allem der Sprachkultur, ein großes Maß an nationaler und internationaler Solidarität?

Den Hinweis auf die Sorge vieler junger Menschen, es werde in der Politik zu viel gelogen, verband der evangelische Bischof Herwig Sturm mit dem Appell bei der Wahrheit zu bleiben, Antisemitismus, Rassismus, Ausländerfeindlichkeit seien mit dem Evangelium unvereinbar. Diese Pfeiler dürften nicht wanken.

Doch wer sich als kirchlicher Amtsträger zu weit in die Politik - vor allem dort, wo sie mit Parteipolitik zusammenhängt - hineinwagt, lebt gefährlich. Gertraud Knoll, Superintendentin der evangelischen Kirche imBurgenland, hat wegen anonymer Drohbriefe gegen sie ("Schade, daß dich der Hitler nicht vergast hat") und ihre Familie einen Sonderurlaub angetreten. FPÖ-Kreise sammeln Unterschriften, um sie zum Rücktritt zu veranlassen.

Vor allem im Kulturbereich häuften sich zuletzt Veranstaltungen über die neue politische Lage. Die Kirchen repräsentieren den Querschnitt der österreichischen Bevölkerung wahrscheinlich in höherem Maß. Doch die Chance, die sich daraus ergibt, haben sie zu wenig erkannt. Gebete für Österreich sind gut, aber nicht ausreichend. Der "Dialog für Österreich", das eingeschlafene Geplänkel zwischen Kirchenreformern und Strukturkonservativen, könnte jetzt unter anderen Vorzeichen überkonfessionell belebt werden. Gerade jetzt wäre mit den Kirchen als treibenden Kräften ein Vorgang, der den Titel "Dialog für Österreich" verdient, der das "Gespräch der Feinde" in Gang zu bringen und zu halten versucht, sinnvoll.

Haben die Kirchen schon zu viel Vertrauen verspielt? Mit dem Stellenwert, den man ihnen in der ORF-Monsterdiskussion einräumte, als man sie am Schluß auch noch kurz zu Wort kommen ließ, sollten sie sich nicht zufriedengeben.

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