Motivationsfaktor Beteiligung

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Die Mitarbeiter am Unternehmen zu beteiligen, ist im Kommen. Vizekanzler Wilhelm Molterer will das Ausmaß derartiger Modelle verdoppeln.

Der österreichischen Wirtschaft geht es derzeit gut. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs 2006 um 3,1 Prozent und die aktuelle Arbeitslosenquote schrammt mit 4,3 Prozent an der Vier-Prozent-Marke vorbei, unterhalb jener man gemeinhin von Vollbeschäftigung spricht. Nun stellt sich die Frage, wer von diesen guten Zeiten profitiert. Will man Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl Glauben schenken, dann alle, denn "geht's der Wirtschaft gut, geht's uns allen gut".

Vizekanzler Wilhelm Molterer und Wirtschaftsminister Martin Bartenstein präsentierten im Rahmen der Alpbacher Wirtschaftsgespräche ihre Möglichkeit wie vor allem Mitarbeiter an der guten wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben können. Das Schlagwort heißt Mitarbeiterbeteiligung, die laut Molterer, ein wichtiges Fundament für die gesellschaftspolitische Stabilität im Land sei. Vor allem in Zeiten in denen sich die Lohn- und Gewinnquote auseinander entwickelt haben.

Motivation

Grundsätzlich werden zwei Arten von Mitarbeiterbeteiligungen unterschieden: die Kapitalbeteiligung und die Erfolgsbeteiligung. Bei ersterer Variante werden die Mitarbeiter mittels der Weitergabe von Aktien zum Teilhaber des Unternehmens, zweitere sieht vor, dass die Mitarbeiter Teile des Unternehmensgewinnes als Prämie ausbezahlt bekommen oder im Rahmen einer Zukunftsvorsorge verwenden.

Bei beiden Modellen geht es darum, Arbeiter und Angestellte durch Beteiligung am "eigenen" Betrieb zu motivieren, sie zu Unternehmern im Unternehmen zu machen. Neben einer höheren Leistungsbereitschaft kommt es auch zu einer stärkeren Identifikation der Mitarbeiter mit den Unternehmenszielen. "Mitarbeiterbeteiligungen führen auch zu einem höheren Kostenbewusstsein und weniger Fehlzeiten", führt der Vizekanzler aus, der die Thematik in den kommenden Monaten auf europäischer Ebene weiter diskutieren will.

Freiwilligkeit als Eckstein

Die Freiwilligkeit ist für den Finanzminister ein wichtiger Eckstein für ein österreichisches Modell der Mitarbeiterbeteiligung. Sei es bei der Entscheidung zwischen Kapital-oder Erfolgsbeteiligung oder auch ob die Gewinnbeteiligung nun in bar ausbezahlt werden soll oder für eine zusätzliche Pensionsvorsorge Verwendung findet. Auf alle Fälle soll es für jedes Beteiligungs-Modell steuerliche Anreize geben. Das Ziel des Finanzministeriums für die laufende Legislaturperiode ist es, die Anzahl der Mitarbeiterbeteiligungen zu verdoppeln.

Wirtschaftsminister Bartenstein gab im Rahmen einer Pressekonferenz in Alpbach bekannt, dass derzeit sechs Prozent der österreichischen Arbeitnehmer in Form von Kapitalbeteiligungen Anteile an Unternehmen halten. Tedenziell ist dies vor allem in börsennotierten Großunternehmen der Fall. Da die heimische Wirtschaft zu einem überwiegenden Teil aus kleinen und mittleren Unternehmen besteht, ist hier vor allem das Modell der Erfolgsbeteiligung eine Möglichkeit, auch diese Arbeitnehmer am wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens teilhaben zu lassen. Es geht bei allen Modellen aber nur in eine Richtung, das heißt, geht es den Betrieben gut, profitieren die Mitarbeiter davon, im Falle von Verlusten, werden keine Forderungen an die Mitarbeiter gestellt.

In Österreich kommt es derzeit vor allem in Großbetrieben zu einer Beteiligung der Belegschaft am Unternehmen. Vorreiter diesbezüglich ist unter anderem die Erste Bank. Mitarbeiter können pro Jahr rund 200 Aktien zu einem günstigen Preis erwerben, und werden diese mindestens fünf Jahre gehalten, kann ein Steuerfreibetrag von 1460 Euro in Anspruch genommen werden. Das Programm steht allen Mitarbeitern in Österreich und Osteuropa zur Verfügung.

Heimische Vorreiter

Bei Frank Stronachs Magna-Konzern gibt es jährlich einen Mitarbeiterbonus, der je zur Hälfte in bar und in Aktien ausgeschüttet wird. Die Aktien müssen zehn Jahre behalten werden, außer der Mitarbeiter verlässt das Unternehmen früher.

Diese Arten von Beteiligungen führen manchmal auch dazu, dass sich ein neuer Kernaktionär bildet, wie zum Beispiel bei der Voestalpine. Dort hält die Mitarbeiter Privatstiftung bereits 10,72 Prozent der Firmenanteile. Beim Edelstahlkonzern Böhler-Uddeholm wird sogar im Vorfeld ein Unternehmensziel mit dem Betriebsrat vereinbart, und falls dieses Ziel erfüllt wird, kommt es zu einer Ausschüttung eines Bonus.

Auf Grund des Vorstoßes von Finanzminister Molterer und Wirtschaftsminister Bartenstein in Alpbach kommt es auch zu kritischen Wortmeldungen in Sachen Mitarbeiterbeteiligung. "Ein anständiger Lohnabschluss ist die beste Form der Mitarbeiterbeteiligung, weil ein Lohnabschluss für alle gilt", sagt SP-Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter. Auch er sieht in der immer weiter zurückgehende Lohnquote in Österreich ein großes Problem.

Kritische Stimmen

Rudolf Kaske, Vorsitzender der Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft moniert, dass bei der Mitarbeiterbeteiligung ein großer Teil der Beschäftigten durch die Finger sehen würde, wie atypisch Beschäftigte und Leih- und Saisonarbeitskräfte. Kaske plädiert dafür, dass "ordentliche Kollektivvertragserhöhungen" besser als Modelle der Gewinn- und oder Kapitalbeteiligung sind. Dieser Meinung ist auch der Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, Rudolf Hundstorfer, der vor allem die Bezieher von kleinen Einkommen bis 1135 Euro brutto im Auge hat, die, da sie keine Lohnsteuer bezahlen, von einem Steuerfreibetrag im Falle einer Mitarbeiterbeteiligung nicht profitieren würden.

KV bleibt unangetastet

Finanzminister Molterer will Kritikern zum Trotz die Mitarbeiterbeteiligung nicht als Gegenmodell für Kollektivvertragsverhandlungen verstanden wissen. Die Verhandlungen über die Kollektivverträge sollen von etwaigen Mitarbeiterbeteilungen unbeeinflusst bleiben. Es gehe ausschließlich um "ein zusätzliches Standbein für den wirtschaftlichen Erfolg der Mitarbeiter". Bartenstein drückt es so aus, dass der Kollektivvertrag das Brot ist und die Mitarbeiterbeteiligung die Butter.

Ungeachtet der Kritik ergab eine im Juni und Juli durchgeführte Studie des Meinungsforschungsinstitutes GfK Austria, dass sich über drei Viertel der befragten Österreicher für die Beteiligung der Mitarbeiter am Unternehmensgewinn aussprachen. Bei der Gruppe der unselbstständig Erwerbstätigen in der Privatwirtschaft war die Befürwortung mit 83 Prozent sogar noch höher (mehr dazu siehe Kasten).

Bereits im Herbst wird es Detailverhandlungen mit den Sozialpartnern geben, um die Modelle der Mitarbeiterbeteiligung zu bewerten. Für Molterer ist das Ziel ganz klar: "Wir wollen in dieser Diskussion in Europa weiterhin ein Vorreiter sein. Das ist mir ein wichtiges Anliegen, und darum setzen wir umgehend die nächsten Schritte."

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