Patt-Situation in der Votivkirche

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Einen Erfolg können die Flüchtlinge, die in der Wiener Votivkirche ausharren, schon verbuchen: Sie haben eine Debatte ins Laufen gebracht, die sich so schnell nicht stoppen lässt. Innenministerin Mikl-Leitner hat zwar angekündigt, dass es nach ihrem Treffen mit Betroffenen letzte Woche keine weiteren Gespräche geben wird. Doch schon der Termin war ein großer Schritt. Und zu Ende ist die Geschichte noch lange nicht. Am Montag war der Protest Thema im Wiener Landtag. Auch in der Bevölkerung wird über die Situation der Flüchtlinge diskutiert.

Hungerstreik hält an

Den Flüchtlingen reicht das nicht. "Wir wollen, dass unsere Menschenrechte anerkannt werden“, sagt Khan Adalat, der seit Beginn der Proteste jede Nacht in der Votivkirche verbracht hat. Wie viele seiner Mitstreiter kommt er aus Pakistan. In seine Heimat kann er nicht zurück, erzählt er, eingepackt in dicke Pullover: "Ich habe Familienmitglieder verloren, mein Geschäft, alles“ Seit 28. Dezember ist er, wie rund 40 andere Männer, im Hungerstreik. Die Caritas stellt in der 3 Grad kalten Votivkirche Tee und Wasser zur Verfügung, jeden Nachmittag richten die Johanniter in der Sakristei eine Ambulanz ein. Ein Wachdienst überprüft, wer ein- und ausgeht. Zutritt haben 126 Flüchtlinge, die auf einer Liste vermerkt sind, sowie die Caritas und bis zu fünf Unterstützer. Rund 40 Männer schlafen jede Nacht in der Kirche, auf einem Matratzenlager, das von der Caritas mit Decken, Schlafsäcken und Heizstrahlern ausgestattet wurde.

Bei den Flüchtlingen handelt es sich um eine höchst heterogene Gruppe. Manche befinden sich im Asylverfahren, andere haben einen negativen Bescheid erhalten. Weil sie in ihre Heimatländer nicht abgeschoben werden können, bleiben sie trotzdem in Österreich. Faktisch sind sie illegal, viele ohne Grundversorgung in Form von Taschengeld und Krankenversicherung. Manche der Männer in der Votivkirche dürften noch gar nicht um Asyl angesucht haben. Die unübersichtliche Lage macht es nicht nur der Politik, sondern auch Helfern und Vermittlern - und den Flüchtlingen selbst - schwer, einen Ausweg aus der Situation zu finden. Denn neben den strukturellen Forderungen, die die Asylwerber an die Politik gestellt haben, geht es um 126 persönliche Geschichten und Bedürfnisse. Eine Generalantwort gibt es auf die vielfältigen Probleme der Flüchtlinge nicht.

Dazu kommt, dass viele der Männer über das Asylverfahren in Österreich äußerst schlecht informiert sind. Um dem entgegenzuwirken, bietet die Caritas seit Dienstag jedem eine individuelle Rechtsberatung an. NGOs, die die Forderungen der Asylwerber teilweise unterstützen, hoffen auf ein baldiges Ende des Hungerstreiks. Khan Adalat will aber weitermachen: "Wir wollen nur in Friede leben“, sagt er. Körperlich fühlt er sich schwach, aber innerlich geht es ihm gut: "Ich fühle Hoffnung.“ (dol)

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