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Im Namen der Flüchtlinge

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In einer Schnellaktion wurden bis Ende Juli 3.000 ungarische Flüchtlinge aus den Lagern entlassen. Jetzt sind 5.000 Polen dran. Maßnahme eines Staates in Wohlfahrtsangst?

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In einer Schnellaktion wurden bis Ende Juli 3.000 ungarische Flüchtlinge aus den Lagern entlassen. Jetzt sind 5.000 Polen dran. Maßnahme eines Staates in Wohlfahrtsangst?

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Begründung für diese in Österreich bisher unbekannte Vorgangsweise ist der in der jüngsten Zeit erfolgte Ref ormkurs dieser Länder; che Maßnahme ist all er Wahrscheinlichkeit nach mit den Regierungen dieser Staaten abgemacht, wonach die rückkehrenden Asylwerber ohne Strafverfolgung in die Heimat zurückkehrendürfen. Ebenso wird die Aktion unter Hinweis auf die hohen Kosten, die dem österreichischen Steuerzahler durch die Bundesbetreuung erwachsen sind, gerechtfertigt Die Entlassungsfrist beträgt ein bis zwei Wochen - zu kurz, um eine Wohnung oder einen Arbeitsplatz zu suchen

Die Bemühungen der freien und kirchlichen Hilfsorganisationen, dieses unmenschliche Vorgehen abzustellen, erwiesen sich bis heute als Fehlschlag. Die human-liberale Flüchtlingspolitik, die Österreich bisher auszeichnete, scheint endgültig zu Ende gegangen zu sein Menschen, die ihre Hoffnung auf diese liberale Haltung setzten und sich seit Jahren schon in Österreich aufhalten, fühlen sich betrogen und sind maßlos enttäuscht, weil sie mit administrativen Maßnahmen gezwungen werden, in jenes Land zurückzukehren, wo sie bereits vor Jahren alle Brücken hinter sich niedergerissen haben; weitgehend sind sie in Österreich integriert.

Niemand will behaupten, daß sie Flüchtlinge im herkömmlichen Sinn sind. Die Maßnahme der Regierung ist also in hohem Maß legal. Doch die menschlich-soziale Komponente wird völlig außer acht gelassen

Österreich schiebt niemanden ab, es setzt die Asylwerber nur auf die Straße, wo sie in Hinkunft nach „fremdenpolizeilichen Maßnahmen“ behandelt werden und „ihren Lebensunterhalt selber bestreiten“ müssen Aber: Die Entlassenen erhalten de jure keine Arbeitserlaubnis, um für sich selbst sorgen zu können Wieder einmal eine echt österreichische Lösung?

Momentan können wir niemandem raten, in Österreich zu bleiben (neu hinzukommende Flüchtlinge aus Ungarn und Polen haben zwar das Recht, einen Asylantrag zu stellen, de facto aber kaum mehr die Möglichkeit dazu; das wäre ein eigener Themenkreis. AnmcLRed.)

Wenn der Asylwerber trotzdem auf keinen Fall wieder in seine Heimat zurückkehren will, braucht er gute Beratung. Pfarren, Hilfsorganisationen sind dazu aufgerufen, hier mitzuhelfen Zunächst braucht der Flüchtling eine Wohnung, wo er polizeilich gemeldet sein muß. Dazu sind die Abmeldung auf dem vorherigen Meldezettel, der Entlassungsschein aus der Bundesbetreuung und der Reisepaß notwendig. Mit der angemeldeten Wohnungsadresse sollte man zum Arbeitsamt gehen und dort eine „grüne Karte“ verlangen, sie stempeln lassen und sich alle 14 Tage erkundigen, ob eine Arbeit vermittelt werden kann Am Arbeitsamt benötigt man den Meldezettel, den Entlassungsschein aus der Bundesbetreuung, einen Nachweis über den Berufsabschluß -wobei man nicht auf seine berufliche Qualifikation pochen kann, sondern jede offene Stelle annehmen muß.

Das Problem Hegt darin, daß das Arbeitsamt zwar eine offene Stelle zuweisen kann, es aber nur selten tut. Meistens muß der Asylwerber selbst einen anstellungswilligen Arbeitgeber finden, der bereit ist, für den Ausländer um Arbeitserlaubnis anzusuchen Oft - das zeigt die Erfahrung - möchte der Arbeitgeber den Ausländer sofort haben und anstellen Dem steht aber das Verfahren der Erteilung der Arbeitserlaubnis, das drei bis sechs Wochen dauern kann (in der Zwischenzeit könnte sich ja ein Österreicher melden), entgegen Hilfsorganisationen müssen in dieser Phase sehr viel Energie aufwenden, damit Asylwerber zu einer geregelten Arbeit kommen

Ein Recht auf Arbeitserlaubnis für Asylwerber gibt es nicht. Es ist eine Ermessens-und Gunstfrage des Beamten.

Wichtig wäre es, vor allem in den westlichen Bundesländern Salzburg, Tirol und Vorarlberg, die kirchlichen Organisationen zu aktivieren, damit auch dort Asylwerber unterkommen können, denn die wirtschaftliche Lage ist dort besonders gut.

Asylwerber müssen ihre Arbeitserlaubnis immer wieder verlängern. Da wird es auch Probleme geben. Aber es ist immer schwerer, die erste Erlaubnis als eine weitere zu bekommen

Die Aktionsfähigkeit der Hilfsorganisationen ist durch die aktuelle Ferienstimmung zur Zeit sehr reduziert. All das scheint von der Regierung bewußtgeplant, als die Schnelllösung in die Sommermonate verlegt und kurze Erledigungsfristen vorgesehen wurden

Der Autor ist Nationaldirektor für die Aualän-deraceborge in Osterreich. Kontaktadressen; Msgr. Dr. Vinzenz Balogh. Salzburgers traue 24, 4020 Linz, Tel. 0732/41175 und Pfarrer Dr JPaul Varga, Referentfür fremdsprachige Seelsorge der Erzdiözese Wien, Marktgasse 40,1090Wien, TeL 0222/34-73-01.

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