Asylwerber in Lehre: Ausbildung ohne Zukunft
Am Mittwoch wurde der ÖVP-Antrag über den Umgang mit Asylwerbern in Lehre im Nationalrat verhandelt. Für Betroffene ist dies nur eine Teillösung.
Am Mittwoch wurde der ÖVP-Antrag über den Umgang mit Asylwerbern in Lehre im Nationalrat verhandelt. Für Betroffene ist dies nur eine Teillösung.
Der 19-Jährige Ehsan Mohammed steht kurz vor seiner Lehrabschlussprüfung bei der Malereifirma Großbötzl im oberösterreichischen Ried im Innkreis. Seit fast drei Jahren arbeitet der junge Afghane nun in dem Betrieb mit 21 weiteren Kollegen. „Ich sehe gute Chancen, dass er die Prüfung schafft“, sagt Michael Großbötzl, sein Chef. Eines steht jedenfalls fest: Großbötzl und Ehsan haben keine klassische Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Beziehung. Das liegt vor allem auch an Großbötzls großem Engagement für seinen Mitarbeiter.
Die letzten drei Jahre waren für beide sehr aufreibend. Mehrere Male bekam Ehsan einen negativen Asylbescheid. Doch Großbötzl wollte nicht aufgeben, ging mit seinem Lehrling durch alle drei Instanzen. Das kostete nicht nur Zeit, sondern auch viel Kraft. Daneben musste der Alltag irgendwie weitergehen, der Betrieb gut geführt und Ehsan weiter ausgebildet werden. Das seien alles Investitionen, so Großbötzl. Vergangenes Jahr kam dann der Tiefpunkt. Ehsans Asyl-Antrag wurde zum dritten Mal abgelehnt. Ehsan drohte, trotz Integrationswillen, guter Sprachkenntnisse und eigener Wohnung, die Abschiebung. Dann musste alles schnell gehen. Großbötzl ging vor Gericht, um den negativen Bescheid anzufechten – mit Erfolg. Der Bescheid wurde vor Gericht quasi in letzter Minute abgelehnt. Ehsan konnte bleiben. Immer wieder betont Großbötzl, dass sein Einsatz nichts mit Gutmenschentum zu tun habe. Er brauche gute Facharbeiter. Und Ehsan sei einer davon.
Seit rund zwei Jahren häufen sich Nachrichten von jungen Menschen, die mitten in der Lehre abgeschoben werden sollen. Nun will sich die Politik dem Problem stellen. Am Mittwoch wurde im Nationalrat daher über einen von der ÖVP eingebrachten Antrag abgestimmt. Dieser sieht vor, dass es für Lehrlinge ohne Asylstatus eine maximale Aufenthaltsmöglichkeit von vier Jahren ab Beginn der Lehre geben soll – im Fall einer Doppellehre längstens fünf Jahre. Die Frist zur freiwilligen Ausreise bereits abgelehnter Asylwerber soll zudem erst nach Abschluss der Lehre beziehungsweise nach Absolvierung der Lehrabschlussprüfung zu laufen beginnen. Dies soll verhindern, dass Lehrlinge mitten in der Ausbildung das Land verlassen müssen. Nachhaltig sei dieser Antrag noch nicht, so Großbötzl.
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